Kirchlicher Missbrauch: "Tod der Täter hatte etwas Befreiendes für mich"

Kirchlicher Missbrauch: "Tod der Täter hatte etwas Befreiendes für mich"
Josef Haslinger wurde als Kind im Stift Zwettl sexuell missbraucht. Von der qualvollen Aufarbeitung seiner Erlebnisse und warum seine Kritik an der Klasnic-Kommission so deutlich ausfällt.

Der Autor Josef Haslinger wurde als Kind im Stift Zwettl von mehreren Geistlichen und Bezugspersonen sexuell missbraucht. Erst Jahrzehnte später konnte er seine Geschichte erzählen – auch aus Rücksicht gegenüber den Tätern. Zum zehnjährigen Bestehen der Klasnic-Kommission fordert er nun, die Aufarbeitung von Missbrauch in die Hände des Staates zu legen.

Die Opferbeauftragte der katholischen Kirche in Österreich, Waltraud Klasnic, hat immer wieder betont, dass die Praxis, Täter nach Bekanntwerden von Missbrauch nur zu versetzen, der Vergangenheit angehöre. Hat sich die Kirche im Umgang mit pädosexuellen Tätern tatsächlich weiterentwickelt?

Haslinger: Die Kirche ist diesbezüglich unter Druck geraten, auch aus den eigenen Reihen. Solange sie aber ihre Archive nicht öffnet und keiner wirklich unabhängigen Untersuchungskommission Akteneinsicht gewährt, muss sie sich weiterhin dem Verdacht aussetzen, die Täter zu schützen. Was meinen Fall betrifft, weiß ich mittlerweile, dass den älteren Mönchen im Stift Zwettl sehr wohl bewusst ist, welche Mitbrüder zu Übergriffstätern wurden. Sie behalten dieses Wissen aber für sich.

Was ist also Ihre Forderung?

Es sollte eine unabhängige Untersuchungskommission geben, die sowohl für staatliche als auch kirchliche Einrichtungen zuständig ist und der alle beschuldigten Einrichtungen Akteneinsicht gewähren müssen. So ist es in Australien, in den USA und in Irland.

Muss man Kardinal Christoph Schönborn nicht zugutehalten, dass er diese Kommission überhaupt ins Leben gerufen hat?

Schönborn ist international bestens vernetzt und hat geahnt, was auf ihn zukommen kann, wenn er keine ’österreichische Lösung’ findet. Diese Kommission war, von der kirchlichen Perspektive aus, ein kluger Schachzug. Ob die Gesamtkonstruktion der Opferschutzkommission eine gründliche Untersuchung der Missbrauchsfälle überhaupt zulässt, ist eine andere Frage.

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