IGGÖ-Präsident: "Einkäufe und Spaziergänge mit Gesichtsschleier kein Problem"

IGGÖ-Präsident ist gegen Vollverschleierung, findet sie aber nicht hinderlich.
Ausgerechnet am Frauentag war Einsendeschluss für Bedenken. Kritiker warnen vor Isolation von Musliminnen - mit fragwürdigen Argumenten.

Einkäufe, Behördengänge, Arztbesuche und Kinder beaufsichtigen: Für die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) sind das die Dinge, die Frauen hauptsächlich in der Öffentlichkeit zu tun haben. Arbeiten oder schlicht im Kaffeehaus sitzen gehören für Ibrahim Olgun offenbar nicht zum Alltag einer Muslimin.

IGGÖ-Präsident: "Einkäufe und Spaziergänge mit Gesichtsschleier kein Problem"

Der IGGÖ-Präsident stellt provokant die rhetorische Frage, "inwiefern der Kommunikation geholfen wäre, wenn besagte Frauen die angeführten Tätigkeiten ohne Gesichtsschleier verrichten?" Das im Rahmen des Integrationsgesetzes geplante Vollverschleierungsverbot lehnt Olgun ab.

Einsendeschluss für Bedenken war pikanterweise am gestrigen Frauentag. Ist die Passage nur unglücklich formuliert oder spiegelt sie das Frauenbild der IGGÖ wider?

"Es ist leider eine Tatsache, dass vollverschleierte Frauen meistens keinem Beruf nachgehen können und sich ihr öffentliches Leben auf diese Dinge beschränkt", sagt IGGÖ-Frauenbeauftragte Carla Amina Baghajati.

Burka-Trägerinnen als Werbefläche für Ideologie

Das sei mit ein Grund, weshalb sie persönlich "keine Sympathien" für den Gesichtsschleier habe. Ein Verbot lehnt Baghajati dennoch ab: Kopftuch und Schleier seien Kleidungsstücke, die für manche zur Glaubenspraxis gehören. Eine gute Muslimin könne man aber auch ohne diese sein.

Baghajati widerspricht auch einem theologischen Gutachten, das kürzlich für Aufregung sorgte. Darin wird das Tragen des Kopftuchs als "religiöses Gebot" bezeichnet. Von einer Vollverschleierung wird übrigens abgeraten – aus Rücksichtnahme auf österreichische Traditionen.

Fundamentale Kritik kommt auch von unerwarterer Seite: Die Arbeiterkammer ist gegen ein Burkaverbot, weil sie gar einen "völligen Ausschluss aus dem öffentlichen Raum" fürchtet. Für IGGÖ-Frauenbeauftragte Baghajati Wasser auf ihre Mühlen: "Viele Frauen, die vom Gesichtsschleier überzeugt sind, werden zu Hause bleiben." Sie fühlt sich ermuntert, davor zu warnen, dass das Verbot zudem nach hinten losgehen könnte: "In Frankreich hat es dazu geführt, dass verschleierte Frauen zu Heldinnen hochstilisiert werden. Ihre Männer zahlen dann stolz die Strafen." Burkaträgerinnen würden so zu "Werbeflächen für eine radikale Ideologie".

Enthüllungsgebot statt Verhüllungsverbot

Das Gesetz, das von der ÖVP forciert wurde, sieht eine Verwaltungsstrafe von 150 Euro vor, wenn eine Frau in der Öffentlichkeit mit Nikab oder Burka angetroffen wird. Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hat einen anderen Vorschlag: "Im Sinne der sozialen Freiheit würde ich aus einem generellen Verbot die Verpflichtung machen, das Gesicht dann zu enthüllen, wenn es wirklich notwendig ist. Etwa bei Polizeikontrollen, beim Lenken eines Fahrzeuges oder vor Gericht."

Den Einwand, dass unterdrückte Frauen von ihren Männern zuhause eingesperrt würden, lässt der Jurist nicht gelten: "Frauen hätten in Österreich die Möglichkeit, sich solchen Zwängen zu entziehen." Nachsatz: "Zumindest theoretisch."

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