Islam-Landkarte: "Das löst Ängste aus"

Diese „Warnschilder“ platzierten Rechtsextreme vor Moscheen in Wien und St. Pölten.
Nachdem Rechtsextremisten das Projekt vereinnahmten, wurde es deaktiviert – offiziell aus technischen Gründen.

Am Feiertag war Schluss: Eine Woche, nachdem die umstrittene „Islam-Landkarte“ von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert worden war, ging sie Donnerstagfrüh offline. Als offizieller Grund werden IT-Probleme angegeben: „Aufgrund der aufgeheizten Stimmung der letzten Tage ist es zu einem Wechsel des IT-Betreibers gekommen. Es handelt sich lediglich um eine kurzzeitige Unterbrechung.“

Tatsache ist aber, dass das Projekt vom ersten Tag an in der Kritik stand. Integrationsexperten, Glaubensgemeinschaften, Politiker und vor allem Muslime warnten davor, dass eine Online-Übersicht über vermeintliche und tatsächlich problematische Vereine mehr Probleme als Lösungen schaffe.

Und so kam es dann auch: Am Dienstag folgte der vorerst unrühmliche Höhepunkt. Die rechtsextreme Identitäre Bewegung platzierte in der Nähe von muslimischen Einrichtungen, die auf der Karte zu finden sind, „Warnschilder“. Am Donnerstag tauchten solche auch in St. Pölten auf. Der Verfassungsschutz ermittelt.

Grüne sind skeptisch

Der Projektinitiator, Religionspädagoge Ednan Aslan von der Universität Wien, will die Landkarte trotz allem bald wieder aktivieren – mit der Einschränkung einer Registrierpflicht für die Benutzer.

Doch während ÖVP-Ministerin Raab das Projekt in Zusammenhang mit der Dokumentationsstelle Politischer Islam präsentierte, sieht man die Sache beim grünen Koalitionspartner zunehmend mit Sorge.

„Von uns aus muss die Seite nicht wieder online gehen, das ist nicht das Werkzeug für eine erfolgreiche Integrationsarbeit oder die Bekämpfung von Extremismus“, sagt die grüne Integrationssprecherin Faika El-Nagashi zum KURIER. Für eine erfolgreiche Integrationspolitik sei essenziell, dass man sich Verbündete suche. „Wir brauchen jetzt einen Neustart der Beziehungen zur muslimischen Community. Und daher laden wir zu einem runden Tisch.“

Dialog mit Glaubensgemeinschaft

Ganz ähnlich sieht die Sache der grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr. „Das Bild, das durch die Karte entstanden ist, war ein sehr ungutes, und für die breite Öffentlichkeit sind solche Instrumente nicht wirklich sinnvoll“, meint er.

Bürstmayr nimmt ÖVP-Ministerin Raab zum Teil zwar in Schutz („Sie hat sich sicher nicht gewünscht, dass Rechtsextreme die Seite nutzen“). In der gegenwärtigen Situation hofft er aber, „dass der Koalitionspartner möglichst bald mit dabei ist und einen Dialog mit den Glaubensgemeinschaften startet“.

Dass die Karte von Rechtsextremen, aber auch von reaktionären muslimischen Vereinen, die sich in der Opferrolle suhlen, instrumentalisiert wird, überrasche nicht, sagt Integrationsexperte Kenan Güngör. Es sei ein Fehler gewesen, das Projekt, das vom Uni-Institut für islamisch-theologische Studien 2012 für ein Fachpublikum erstellt wurde, im Zusammenhang mit der Dokustelle Politischer Islam zu präsentieren, meint der Soziologe.

„Löst Ängste aus“

So habe man das Projekt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die optische Umsetzung – eine von Moscheen übersäte Österreich-Karte – löse bei „ungeschulten Betrachtern“ zudem massive Ängste aus. Eine

Registrierungspflicht würde Güngör begrüßen. So könne die Landkarte wieder ihren ursprünglichen Zweck erfüllen: Die muslimische Vereinslandschaft für ein interessiertes Publikum transparent darzustellen.

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