IHS warnt eindringlich vor Schulschließungen

IHS warnt eindringlich vor Schulschließungen
Forscher sehen wie schon die Kollegen vom WIFO und der Agenda Austria negative Auswirkungen auf Schüler, Eltern und die Volkswirtschaft

Sollen die Schulen angesichts der hohen Infektionszahlen geschlossen werden? Bildungsminister Heinz Faßmann will das unter allen Umständen verhindern, da er die multiplen negativen Auswirkungen fürchtet, vor allem für die Schüler selbst. Doch die Entscheidung liegt letztlich nicht bei dem Minister für Bildung, sondern bei jenem für Gesundheit, bzw. beim Bundeskanzler und der Corona-Kommission, die morgen, Donnerstag, wieder tagt.

Negative Auswirkungen?

Nachdem am Wochenende zuerst das WIFO in einem Standpunktpapier die negativen Konsequenzen von bundesweiten Schulschließungen zusammengefasst hat, und am Montag die Agenda Austria vor den Folgen für die Schüler deutlich gewarnt hat, zog am Mittwoch das IHS, das Institut für Höhere Studien nach.

Laut den Wissenschaftlern haben die Schulschließungen im Frühjahr langfristige Kosten im zweistellen Milliardenbereich zufolge. Aber nicht nur das: „Es ist erwiesen, dass die Umstellung von Präsenzlehre in den Schulen zu Distance Learning zu massiv negativen Effekten auf den Kompetenz- und Wissenserwerb der Kinder führt. Jüngere Kinder sind genauso stärker negativ betroffen wie Kinder aus benachteiligten Haushalten“, heißt es in der Arbeit, die dem KURIER vorliegt.

Die Wissenschaftler schätzen weiter, dass Schulschließungen „auf einen durchschnittlichen jährlichen Erwerbseinkommensverlust aller betroffenen SchülerInnen von 100-200 Euro pro Monat eines Schul-Lockdowns“ kommen. Je nach konkreten Annahmen ergebe sich daraus ein Verlust von über zwei Milliarden Euro (0,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP)) oder mehr pro Schul-Lockdown-Monat. Darin inkludiert seien etwa auch höhere Kosten aus Arbeitslosigkeit, die noch zusätzliche soziale Kosten impliziert.

Da Eltern in so einem Fall weniger als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, werde zudem die Produktivität reduziert: „Eine vorsichtige Schätzung geht von Kosten aus dem Produktivitätsverlust in Höhe von gut einer Milliarde Euro (0,25% des BIP) pro Schul-Lockdown-Monat aus.“ Ein Schul-Lockdown wirkt sich also sogar auf die Wirtschaftskraft des Landes aus.

Abschließende Warnung der Wirtschaftsforscher: „Aus den hohen Kosten ergibt sich, dass die Schließung von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen die Ultima ratio in der Pandemiebekämpfung sein sollte. Der Nutzen muss von VirologInnen und EpidemiologInnen als sehr hoch bewertet werden, um sie zu rechtfertigen.“

Aber ist ein echter Lockdown unausweichlich? "Das kann ich Ihnen jetzt – Mittwochmorgen – noch nicht sagen“, war heute aus berufenem Mund zu hören - und zwar von Clemens Martin Auer. Auer ist Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium und einer der beiden Vorsitzenden der Ampelkommission.

Entscheidend für Auer sei, wie stark die Neuinfektionen weiter wachsen. Auf eine genaue Zahl wollte er sich aber partout nicht festlegen lassen.

Schulschließungen, wie sie derzeit heiß diskutiert werden, sind jedenfalls auch für Auer die „ultima ratio“. Hier sei man auch im Gesundheitsministerium ganz auf Linie des Unterrichtsministeriums.

Nun warten alle gespannt auf die Zahlen, die am kommenden Donnerstag gemeldet werden. Denn einige Prognose-Modelle gehen davon aus, dass sich die erhoffte Wirkung des Lockdowns etwa zehn Tage nach dessen Einführung zeigen sollte. Bei einer kontinuierlichen Anzahl an täglichen Neuinfektionen in der Höhe von 5.000 würde die Intensivauslastung ständig knapp unter der Kapazitätsgrenze von etwa 800 Betten bleiben (bei konstanter Altersstruktur der Infizierten). Dieser Zustand wäre mit Sicherheit nur kurzfristig für das Gesundheitssystem durchhaltbar.

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