Industrielle haben Zorn auf WKÖ-Chef Leitl

Leitl (re) wird vorgeworfen, dass er sich über den Tisch ziehen ließ. Links: ÖGB-Chef Foglar
Hoher Kammerfunktionär erhebt schwere Vorwürfe gegen den WKÖ-Präsidenten und fordert ihn zum Rücktritt auf.

Die Wut steckt vielen Unternehmern in den Knochen. Am 30. Juni verkündeten die Sozialpartner, sprich WKÖ-Chef Christoph Leitl und ÖGB-Chef Erich Foglar, dass ein Mindestlohn in Höhe von 1500 Euro bis 2020 eingeführt werden wird. Zugleich mussten sie aber eingestehen, dass eine Lösung über eine flexiblere Arbeitszeit, wie von den Unternehmern gefordert, gescheitert ist. Die Aufregung ist weiterhin groß.

"Die WKÖ vertritt keine Unternehmerinteressen mehr, sondern es vertritt der Präsident der WKÖ nur noch seine Interessen und als letzter Mohikaner eine Sozialpartnerschaft, die es in der Form nicht mehr gibt", schreibt der Kärntner Unternehmer Timo Springer in einem Mail an Leitl. "Wo sind bitte die Punkte berücksichtigt, die uns Unternehmern, die dem Standort oder Österreich zugute kommen? Die Position der Industrie und der Unternehmen war klar koordiniert und mit Ihnen abgesprochen. Sie haben wider besseres Wissen in einem Alleingang eine ’Einigung’ verkündet, wobei wir als WKÖ null Wünsche und Positionen durchgebracht haben."

Dieses Wut-Mail schickte Springer auch an diverse Metalltechnik-Unternehmen wie Andritz, Christof Group, Doppelmayr, Engel, Fertinger, Knill-Gruppe, Krause-Mauser, Liebherr, Palfinger, Plansee, Pöttinger, Teufelberger und Voith.

Timo Springer ist nicht irgendwer. Er ist Geschäftsführer des Familienunternehmens Springer Maschinenfabrik mit Sitz in Friesach und laut eigenen Angaben ein "engagierter WKÖ-Funktionär". Unter anderem ist er Vize-Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (MTI) in der Wirtschaftskammer Österreich und MTI-Obmann in der Wirtschaftskammer Kärnten. Die MTI ist hierzulande der größte Industrie-Verband mit 128.000 Beschäftigen und für ein Viertel aller Exporte verantwortlich. Zurück zum Mail: Springer meint, es sei dringend Zeit für einen grundlegenden Wandel. Ich darf Sie höflich ersuchen, aus dem Desaster, das wir jetzt haben, die Konsequenz zu ziehen und der WKÖ die Chance auf einen Neubeginn zu geben, schreibt Springer an Leitl. Das ist nichts anderes als eine glatte Rücktrittaufforderung. Zugleich stoppte Springer "bis auf weiteres" alle Zahlungen an die Kammer.

Leitl kontert

Indes räumt Leitl in seiner Antwort an Springer ein, dass das Ergebnis der Verhandlungen mehr als enttäuschend ist. Was den Mindestlohn (Anm. d. Red.: 1500 Euro) betrifft, wäre eine Nichtzustimmung fatal gewesen, rechtfertigt sich Leitl. Im Parlament liege bereits ein Antrag auf einen Mindestlohn in Höhe von 1750 Euro.

Leitl hält auch fest, dass ihm die Industrie klare Vorgaben gemacht habe: keine Verhandlungen über eine sechste Urlaubswoche oder Arbeitszeitverkürzung. Auch soll ihm, Leitl, die Industrie signalisiert haben, "dass bei einem Scheitern der Verhandlungen die Arbeitnehmer dafür verantwortlich gemacht werden". "Dies ist auch gerechtfertigt, weil politische Gründe im Vorfeld einer Wahl mdie Einigung zu Fall gebracht haben", schreibt Leitl weiter. Leitl ersucht nun seinen Kritiker Springer, sich über das dürftige Ergebnis direkt beim Verhandlungspartner ÖGB zu beschweren.

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