Nehammer über Strafen: "2.400 Euro für 99 Prozent ein hoher Betrag“

Der Bundeskanzler nahm nach Ende seiner Heimquarantäne in der "ZiB 2" Stellung zur frisch präsentierten Impfpflicht.

Am Tag der Präsentation des überarbeiteten Gesetzesentwurfs für die geplante allgemeine Corona-Impfpflicht war Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Gast im „ZiB2“-Studio des ORF. Es war auch das nachgezogene Gespräch zum Jahreswechsel, das mit allen Parteichefs und Parteichefinnen geführt wurde. Durch eine Corona-Infektion Nehammers war es zu der Verschiebung gekommen.

Dass das Gesetz nur eine Woche nach Ende der Begutachtungsphase ein Schnellschuss sei, verneinte Nehammer. Im Lockdown während der Delta-Welle habe man sich noch gefragt, warum die Impfpflicht so spät komme. Auch Omikron ändere nichts an der Sinnhaftigkeit des Unternehmens. „Zudem machen wir die Impfpflicht nicht für eine Variante des Coronavirus, sondern gegen das Coronavirus an sich“, sagte Nehammer. „Weil Impfen nützt und schützt. Das kann ich - weil jetzt am eigenen Leib erfahren - am Besten bestätigen. Ich würde jetzt nicht mit Ihnen im Studio sitzen, wenn ich nicht drei Mal geimpft wäre, einen total milden Verlauf gehabt hätte.“

Danke an SPÖ und Neos

Außerdem sei man bereits während der Begutachtunsphase auf Einsprüche eingegangen, habe nach Interessenslagen und Bedenken gefiltert, meinte Nehammer, der auch die Unterstützung durch die beiden Oppositionsparteien SPÖ und Neos hervorhob. Er richtete „ein großes Danke an Pamela Rendi-Wagner und Beate Meinl-Reisinger für die sehr vertrauensvollen, konstruktiven aber auch sehr intensiven Diskussionen.“

Man sei „auf Gruppen in Österreich eingegangen, die tatsächlich Ängste haben“. Mit 14 Jahren zu beginnen, wäre zu früh gewesen, ab 18 seien die Menschen entscheidungsfähig, erklärte Nehammer.

„Wichtig ist es, eine flächendeckende Durchimpfung zu erreichen. Dann können wir guten Gewissens freiheitsbeschränkende Maßnahmen aufheben“, sagte er.

Kein Drüberfahren

Dass außer Österreich bisher kaum ein Land eine allgemeine Impfpflicht eingeführt habe, erklärte er mit „andere Länder, andere Zugänge“.

Die nun vorliegende Regelung „soll kein Drüberfahren sein, sondern es soll ein mit auf den Weg nehmen sein, um gemeinsam unsere Freiheit zu erhalten“.

Dass das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestehen werde, könne er nicht garantieren. Nehammer: „Das ist ein Gerichtshof. Das wäre ja wild. Wenn ich jetzt schon sagen könnte, wie eine Entscheidung des VfGH ausgeht, würde ich ja den Verfassungsgerichtshof bevormunden. Das ist natürlich unmöglich. Ausschließen kann ich natürlich nichts. Das wäre gegenüber dem Verfassungsgerichtshof auch beleidigend.“

Der Bundeskanzler weiter: „Was ich garantieren kann, ist, dass alle nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet haben.“ Man habe schon früh den Verfassungsdienst und andere Expertinnen und Experten eingebunden, Impfpflichtregelungen in anderen Ländern und auch VfGH-Erkenntnisse genau geprüft.

Strafe von 2.400 Euro "hoher Betrag"

Die Kritik, dass die geplanten Strafen wohlhabendere Leute nicht schrecken würden, kann Nehammer nicht nachvollziehen. „Für 99 Prozent der Österreicher sind 2.400 Euro ein hoher Betrag“, erklärte er.

2.400 Euro sind das volle Ausmaß an Bußgeld, das pro Person und Jahr anfallen kann.

Die Polizei, an die der Ex-Innenminister ebenfalls „ein großes Danke“ richtete, sieht er gut aufgestellt für die künftigen Kontrollaufgaben. „Die Polizei kontrolliert jetzt schon 2-G - das wird weitergeführt“, sagte Nehammer.  Es handle sich um ein „eingespieltes Team“. Nehammer erwähnte aber auch 52 verletzte Polizisten seit dem Beginn der Corona-Demos, dies bezeichnete er als „völlig inakzeptabel“.

An 3-G am Arbeitsplatz wolle er trotz der Impfpflicht festhalten, bekräftige Nehammer. Es gehe um Verhältnismäßigkeit, damit die kritische Infrastruktur und auch „das Leben an sich“ nicht gefährdet ist.

ÖVP: Rückkehr durch "redliche Arbeit"

Abschließend beantwortete Nehammer als designierter ÖVP-Chef noch Fragen zur Lage der Partei, die in Umfragen nun  gleichauf mit der SPÖ liegt.

„Das wichtigste, was die Leute jetzt sehen wollen, ist harte und redliche Arbeit“, sagte Nehammer und meinte damit in erster Linie die Pandemiebekämpfung. „Vertrauen kann nur dann zurückgewonnen werden, wenn die Menschen sehen: Die Regierung, die Volkspartei nimmt es ernst. Und das kann ich bestätigen, das tun wir“, beteuerte Nehammer.

Wichtig sei, "dass wir auch das einhalten, was wir sagen, mit Augenmaß, Vernunft und Bedächtigkeit“, es gelte, „immer auf die Menschen zu achten“. Er sieht die Partei „nicht mehr in fallender Tendenz, eher in steigender Tendenz."

Was die Aufarbeitung der Inseratenkorruptionsaffäre betrifft, verwehrte sich Nehammer gegen Pauschalverdächtigungen und verwies auf die weisungsfreie, unabhängige Gerichtsbarkeit.

Als „Gründungspartei der Zweiten Republik“ habe man den Anspruch, "dass wir uns immer wieder selbst hinterfragen". Man denke gemeinsam mit den Grünen darüber nach, wo es im gesamten Staat mehr Transparenz brauche.

Kurz brauche keine Ratschläge

Ob Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor dem U-Ausschuss aussagen werde und er darauf drängen werde, wollte Interviewerin Margit Laufer wissen.

„Ich brauche ihm nichts auszurichten“, sagte Nehammer, „er braucht auch von mir gar keine Ratschläge, da verlasse ich mich vollständig auf sein Einschätzungsvermögen.“

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