Das Um und Auf, sagt Verhaltensökonom Florian Spitzer vom IHS, sei eine „ehrliche Kommunikation“. Politiker und Virologen sollten nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch offen kommunizieren, wenn sie etwas nicht wissen. Denn so eingängig klare, definitive Ansagen auch sind – fatal ist es, wenn sich Versprechen dann als falsch herausstellen. Wir erinnern uns an den damaligen Kanzler Sebastian Kurz, der im Juli 2021 meinte: „Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei.“ Mitnichten.
Die Regierung hat offenbar dazugelernt. Johannes Rauch (der mittlerweile dritte Gesundheitsminister seit Beginn der Pandemie) agiert deutlich zurückhaltender, er lässt mehr Freiraum. Sein Kurs lautet: „Leben mit der Pandemie“. Das bringt ihm mitunter viel Kritik ein: Aktuell wegen der möglichen Abschaffung der Quarantäne für Symptomlose, zuvor wegen der Abschaffung der Impfpflicht. Zu letztem erklärte der Grüne sinngemäß, man habe damit mehr Menschen verärgert als zum Impfen gebracht.
Nun soll also eine neue Impfkampagne her, die diesen Kurs stützt – und Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholt. Österreich war oft einen Schritt hinterher, sagt Verhaltensökonom Spitzer. Unterschätzt habe man auch die Kraft der Fake News. Eine neue Kampagne müsse zielgruppenorientiert sein.
Das ist kein neuer Ratschlag, bekommt aber einen neuen Dreh: Nicht nur müsse man berücksichtigen, dass Pensionisten anders zu erreichen seien als Jugendliche; man müsse auch akzeptieren, dass es eben eine Gruppe in der Bevölkerung gibt, die man nicht oder nur sehr schwer von der Impfung überzeugen könne.
„Ansetzen muss man also bei jenen, die bereits geimpft sind und zögern, ob sie sich erneut impfen lassen sollen“, sagt Spitzer. Hier könnten etwa Erinnerungen per Brief oder SMS bzw. automatisch zugeteilte Impftermine helfen.
Generell gilt: Umso niederschwelliger die Impfung zu bekommen ist, umso besser. „Wien war in der Vergangenheit mit Impfaktionen im Stephansdom oder auf der Donauinsel schon sehr gut. Gerade im ländlichen Raum gäbe es aber noch Optimierungsmöglichkeiten.“
Und genau das plant das Gesundheitsministerium nun auch. Die klassischen Werbemittel – TV- und Radiospots, Inserate und Plakate – sollen durch ein stärkeres „face to face“-Angebot ergänzt werden. Sprich: Man will die Impfung „noch näher zu den Menschen bringen“, erklärt ein Sprecher – und zwar in Kooperation mit Gemeinden, Betrieben und Vereinen, seien es die Pfadfinder oder die Freiwillige Feuerwehr. Das Ministerium will Info-Material und Veranstaltungskonzepte zur Verfügung stellen. Überlegt werden auch Impf-Aktionen an gut frequentierten Orten.
Sonderlich aufregend, offensiv oder neu klingt das alles nicht – es passt aber ins Bild: Gesundheitsminister Rauch ist keiner, der sich aufdrängt. Dennoch wird in seinem Büro betont: „Impfen ist eine zentrale Maßnahme für den Herbst.“
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