Am Freitag ging Kanzler Kurz mit Kritik an der Impfstoffverteilung der EU an die Öffentlichkeit, am Samstag forderte die Vize-Generalsekretärin Gabriela Schwarz die Suspendierung von zwei Beamten im Gesundheitsministerium – des Sonderbeauftragten Clemens Martin Auer und der Generalsekretärin Ines Stilling.
Diese Forderung erneuerte Schwarz am Sonntag, nachdem EU-Kommissionsvize Frans Timmermans Fehler der EU und der Mitgliedsstaaten eingeräumt hatte (siehe unten).
Die ÖVP habe vor allem Auer im Visier, hört man. Er ist zwar Parteimitglied und arbeitete viele Jahre als Leiter der politschen Abteilung der (schwarzen) ÖVP, die Türkisen haben zu ihm aber keinen Draht. Er sollte als „Scharnier“ zwischen EU, dem grünen Gesundheitsministerium und dem türkisen Kanzleramt fungieren. Auch in Brüssel wird moniert, dass der Informationsfluss wegen Auer, der auch Vize-Chef der EU-Impf-Steuerungsgruppe ist, stocken würde.
In Anschobers Ressort äußert man sich nur insofern, dass die Bestellvorgänge transparent abgelaufen seien und genug Impfstoff zur Verfügung stehen würde. Bis zum Herbst sollen 20 Millionen Dosen im Land sein.
Auf den türkisen Angriff reagieren bis dato weder das Anschober-Ressort noch andere Grüne. Auf dieses Niveau, heißt es auf Nachfrage, lasse man sich nicht herab. Klar sei aber auch, dass sich die beiden Spitzenbeamten von ihrem Ressortchef Rückendeckung erwarten. Die Beamtenschaft sei sich keiner Schuld bewusst – weder einer straf- noch einer dienstrechtlichen, was Voraussetzung für eine Suspendierung wäre.
Verfehlungen sieht die ÖVP aber sehr wohl – und will diese auch belegen können, wie zu hören ist. Obwohl Österreich bei der Impfstoff-Belieferung noch keinen Nachteil erlitten haben dürfte, lastet die Kanzlerpartei Stilling und Auer an, dass das Potenzial nicht ausgeschöpft worden sei. So würde Österreich nach seinem Bevölkerungsanteil zwei Prozent des von der EU besorgten Kontingents zustehen. Vom Biontech/Pfizer-Impfstoff sicherte man sich allerdings nur 1,5 Prozent.
"Aussitzen" keine Option
Am Geld scheitert es jedenfalls nicht, stellt das ÖVP-geführte Finanzministerium am Sonntag klar: Für die Beschaffung von Impfstoffen wurden 2020 und 2021 in Summe 300 Millionen Euro reserviert. Davon habe das Gesundheitsministerium erst 53 Millionen Euro abgerufen.
Die ÖVP will an dem Thema dranbleiben – dass die Grünen die Debatte „aussitzen“, sei keine Option, heißt es. Gefordert wird die Herausgabe aller Verträge, zunächst will man dem Gesundheitsminister aber Gelegenheit geben, der Sache in seinem Haus selbst nachzugehen, wenn er aus dem Krankenstand zurück ist.
Über den Verdacht, dass von Beamtenseite Verfehlungen passiert seien, habe man Anschober bereits vor einer Woche informiert. Zu einer Klärung sei es aber nicht mehr gekommen, weil Anschober krank wurde.
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