Hochwasserschutz vs. Renaturierung: Was steckt hinter Wirbel um Plakolm?
Im Juni hatten die Türkisen die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler aufs Heftigste dafür kritisiert (und erfolglos angezeigt), dass sie auf EU-Ebene für das Renaturierungsgesetz gestimmt hat.
Angesichts der Verwüstung, die die heftigen Regenfälle vom vergangenen Wochenende angerichtet haben, ist Renaturierung - also die Wiederherstellung der Natur - wieder ein Thema. Und plötzlich steht die ÖVP selbst in der Kritik.
Ein Versuch der ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, den Spieß umzudrehen, ging gestern, Mittwoch, gründlich schief.
"Zielsetzung der Grünen, Maßnahmen zurückzubauen"
Im Interview mit Puls24 erklärte Plakolm, es gebe "große Fragezeichen", wie das Renaturierungsgesetz in punkto Hochwasserschutz auszulegen sei. "Weil das ist streng genommen auch eine Baumaßnahme, die an den Flüssen und Bächen vorgenommen wurde in den letzten Jahrzehnten. So etwas wollen wir selbstverständlich nicht rückbauen. Wenn man die Renaturierung so auslegt, wie es, glaube ich, die Zielsetzung der grünen Kolleginnen und Kollegen ist, dann müssten solche Maßnahmen zurückgebaut werden."
Bedeutet Renaturierung das Ende für den Hochwasserschutz, der an vielen Stellen Österreichs Schlimmeres verhindern konnte?
Tatsächlich heißt es im Gesetzestext, dass zur "Wiederherstellung von Süßwasserökosystemen" unter anderem die "Beseitigung künstlicher Hindernisse" gehöre.
Aber: Es gehe "prioritär" um "obsolete Hindernisse", heißt es weiter. Nicht gemeint seien Hindernisse, die u. a. zur Erzeugung erneuerbarer Energie, für die Binnenschifffahrt, für die Wasserversorgung und - Stichwort - für den Hochwasserschutz benötigt werden.
Das EU-Gesetz nimmt den Hochwasserschutz also explizit aus.
Plakolm will "praxistaugliche Maßnahmen"
Trotzdem bleibt Plakolm dabei, als der KURIER tags darauf in ihrem Büro nachfragt: Ein Gewässerökologe, der im selben Puls24-Beitrag befragt wurde, habe gesagt, dass es durchaus sein könne, dass im Zuge der Renaturierung Hochwasserschutz abgebaut wird - weil Renaturierung selbst Hochwasserschutz sein kann.
"Nichts anderes hat Claudia Plakolm gesagt", heißt es am Donnerstag.
Und weiter: "Es braucht ein Bekenntnis zu Hochwasserschutz. Wir (die ÖVP, Anm.) sind für mehr Klimaschutz und Renaturierung, übrigens immer schon gewesen. Es braucht aber praxistaugliche Maßnahmen. Und ja, das bedeutet natürlich auch, dass Hochwasserschutz bleiben muss. Ich bleibe dabei, es braucht mehr Klima- und Umweltschutz und wir müssen in Sachen Bodenversiegelung besser werden."
Mit der Renaturierungsverordnung werde "wieder etwas in Brüssel entschieden", das man vor Ort am besten beurteilen könne, meint Plakolm. "Das wollen wir ganz klar nicht."
Weniger Schutz benötigt
Plakolm bezieht sich in ihrem Statement auf die Erklärung des Gewässerökologe Clemens Gumpinger, der auf das Beispiel Kamp (Waldviertel) verwies.
Wenn künstlich begradigte Flüsse wieder die alten Kurven bekommen, würden sie langsamer fließen, durch mehr Platz und Flächen könnten sie geflutet werden.
"Dann braucht man auch weniger Schutzbauten", erklärte der Experte.
Grüne Klubchefin "fassungslos"
Die grüne Klubchefin Sigrid Mauer zeigte sich im Puls24-Studio jedenfalls "fassungslos" über die Aussagen der ÖVP-Staatssekretärin für Jugend. Gerade ihr müsse ja etwas daran liegen, künftige Generationen zu schützen, sagte Maurer.
Und sie nutzte ihr Statement auch für eine Wahlkampf-Ansage: "Das ist ein weiteres Beispiel dafür: Klimaschutz, Umweltschutz, Naturschutz gibt es nur mit uns Grünen. Die anderen ignorieren das sogar angesichts so einer Katastrophe."
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