Hickhack um die Statistik Austria

Hickhack um die Statistik Austria
Instituts-Umbau.Forscher kritisieren schon jetzt beschränkten Daten-Zugang, Kritiker warnen vor Polit-Einfluss

Der Statistik Austria stehen große Veränderungen ins Haus: Personell und organisatorisch. Kritiker befürchten "Message Control" durch die Regierung. Diese werde jetzt schon betrieben, kritisieren Forscher.

Das Bundeskanzleramt plant eine umfassende Reform der Statistik Austria. Wie der Standard berichtet, soll die im Jahr 2000 ausgegliederte Statistikabteilung wieder näher an das BKA herangezogen werden. Man wolle die Effizienz steigern, heißt es im Kanzleramt.

Die Reform sieht unter anderem vor, dass die Kommunikation der Statistik Austria künftig vom Kanzleramt koordiniert werden soll. Das Presseteam wird von acht auf zwei Personen verkleinert. Kritiker befürchten, dass sich die Regierung so im Sinne einer "Message Control" die Deutungshoheit über die Daten sichern will.

"Es darf nicht einmal den Anschein von Einfluss geben"

Für Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit sind die Pläne durchaus problematisch: "Die Statistik Austria liefert die Grundlagen für öffentliche Debatten – da darf es nicht einmal den Anschein politischer Einflussnahme geben." Bisher sei die Statistik Austria bei Anfragen, etwa von Journalisten, immer sehr hilfsbereit gewesen. "Jetzt müssen Journalisten befürchten, dass bei Anfragen im Bundeskanzleramt Maßnahmen getroffen werden, um die Recherche zu erschweren."

Die Opposition schäumt. "Wenn nur noch das Bundeskanzleramt bestimmt, wann welche Zahlen, Daten, Fakten berichtet werden, dann ist der Weg in Richtung gelenkte Demokratie nicht mehr weit", warnt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Für Bruno Rossmann von der Liste Jetzt rüttelt eine solche Reform "an den Grundfesten der Demokratie". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda warnt vor einem massiven "Einschnitt in die Unabhängigkeit" der Institution.

Einsparungen und Effizienzsteigerungen

Im Kanzleramt weist man die Kritik zurück. Eine Eingliederung der Statistik Austria sei nicht geplant. Vielmehr gehe es um Einsparungen, Effizienzsteigerung und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten. Auch soll die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen verbessert werden.

Für diese ist die Analyseabteilung zuständig. Sie versorgt Universitäten, IHS, Wifo und Co. mit den notwendigen Informationen – und soll jetzt abgeschafft werden.

„Auch Pesendorfer betreibt Message Control“

Unter Wissenschafter, die mit den Daten der Statistik Austria arbeiten, sieht man die Entwicklung ambivalent. Das Verhältnis vieler Forscher vor allem zu Generaldirektor Konrad Pesendorfer ist seit Längerem angespannt.

Direkter politischer Einfluss der Regierung oder gar „Message Control“ seien zwar nicht wünschenswert, heißt es. Aber: „Auch Pesendorfer betreibt Message Control“, heißt es. Offen darüber sprechen möchte kaum jemand, um sich die mächtige Statistik Austria nicht zum Feind zu machen und dann ohne Daten dazustehen.

Verträge laufen aus

Pesendorfers Vertrag läuft mit Jahresende aus. Es gilt als fix, dass er nicht verlängert wird, war er doch wirtschaftspolitischer Berater im Kabinett von Werner Faymann (SPÖ), ehe er in die Guglgasse wechselte. Auch die kaufmännische Generaldirektorin, Gabriela Petrovic, gilt als SPÖ-nah. Im Gegensatz zu Pesendorfer wurde sie jedoch in den Reformprozess einbezogen.

Die Frage der Geschäftsführung habe mit der Reform nichts zu tun, heißt es aus dem Kanzleramt: „Es wird eine Ausschreibung beider Posten geben. Da können sich auch die jetzigen Generaldirektoren bewerben.“

Für viele in der Forschungscommunity ist klar: „Die Regierung will offenbar nicht mehr, dass Pesendorfer seine eigene PR macht.“ Das tut er mit Leidenschaft. Der Ausbau der Analyse- und Kommunikationskompetenz des Instituts geht auf ihn zurück. Bloßes Datensammeln war ihm stets zu wenig – er wollte selbst analysieren.

Der jetzt geplante Rückbau der Analyseabteilung ist für die wissenschaftliche Community nicht per se ein Problem: Wichtig sei die funktionierende Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachabteilungen. „Wenn diese sich querlegen, waren auch bisher der Analyseabteilung die Hände gebunden.“

Was es bräuchte

„Aus Sicht der Wissenschaft sollte es in einer Novelle des Bundesstatistikgesetzes um die Verbesserung des Datenzugangs für wissenschaftliche Forschung gehen“, sagt Harald Oberhofer, Professor an der Wirtschaftsuni Wien und Mitbegründer der Plattform „Registerforschung“.

Der geregelte Zugang der Wissenschaft zu qualitativ hochwertigen Daten sei ebenso internationaler Standard, wie die Unabhängigkeit von politischer Intervention.

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