Tanner zur Teilmobilmachung in Russland: "Angst ist ein schlechter Ratgeber"

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner auf dem Weg zum Tauchgang 
Verteidigungsministerin Tanner über Atom- und Blackout-Gefahr und wie sich das Bundesheer darauf vorbereitet.

Der Ort für das KURIER-Interview könnte ungewöhnlicher nicht sein: Es fand im U-Boot während eines Tauchgangs auf 26 Meter im Traunsee statt (siehe Video unten).

KURIER: Sind Sie schon einmal U-Boot gefahren?

Klaudia Tanner: Es ist eine Premiere für mich, toll.

Österreich war einst eine Seefahrernation. Sehnsucht danach?

Nicht wirklich. Aber wir vom Bundesheer können auch auf dem Wasser etwas.

Vor dem Bullauge taucht ein Apnoe-Taucher auf!

Einer der Besten der Welt! Eine gute Gelegenheit, die Fähigkeiten des Heeres zu zeigen. Wir haben auch Jagdkommandotaucher – und mit an Bord sind Militärgeologen.

Das vielleicht kleinste Interview-Setting der Welt

Russland hat eine Teilmobilmachung angekündigt, muss man da nicht Angst kriegen?

Angst ist ein schlechter Ratgeber, aber das ist tatsächlich eine Eskalation. Wenn man dem NATO-Generalsekretär zuhört, dann nimmt das aber vieles an Sorge.

Sind wir für einen atomaren Schlag gerüstet?

Experten halten das für sehr unwahrscheinlich. Aber wir haben auch in diesem Bereich Expertise. Die ABC-Einheiten haben genau damit zu tun.

Kommt man da nicht zu einem Punkt, wo man wie Finnland und Schweden auch der NATO beitreten möchte?

Nein, aber unabhängig davon ist das entsprechende Budget sowie die personelle Aufstockung wichtig. Da sind auch Werbemaßnahmen notwendig. Aktionen wie diese dienen auch dazu, junge Männer und Frauen zum Bundesheer zu bringen.

Sehen Sie hier die Highlights des Projekts Tiefenrausch

Haben Sie Nachwuchsprobleme?

So wie in jeder anderen Sparte ist es derzeit herausfordernd, die Besten der Besten zu bekommen.

Tanner zur Teilmobilmachung in Russland: "Angst ist ein schlechter Ratgeber"

1,2 Prozent vom BIP sollten die Bundesheerausgaben betragen, um internationalen Maßstäben zu genügen. Davon sind wir noch weit entfernt.

Wir brauchen ein Prozent des BIP. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg dorthin.

Müssten Sie angesichts der vielfältigen Bedrohungen nicht bereits wie eine Wilde am Waffenmarkt einkaufen?

Das tun wir. Es wurden etwa Bergungsfahrzeuge und 30 zusätzliche Pandur-Radpanzer gekauft. Die Eurofighter werden mit Nachtidentifizierungsfähigkeit ausgestattet.

Die nächste größere Krise könnte ein Blackout sein. Wie sehr sind wir dafür gerüstet?

Es ist ein wahrscheinliches Szenario, sagen unsere Experten. Wir setzen auf Bewusstseinsbildung, jeder kann vorsorgen. Im Bundesheer wollen wir bis 2025 100 Kasernen autark machen. Darin sollte man zwei Wochen durchhaltefähig sein.

Haben wir denn noch so viel Zeit?

Manche Dinge gehen eben nicht von einem Tag auf den anderen.

Das Heeresimage hat stark gewonnen.

Das Vertrauen in das Bundesheer ist um 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen und liegt damit nach der Polizei an zweiter Stelle. Da sieht man, welche großartige Arbeit unsere Soldatinnen und Soldaten leisten.

Vor einem Jahr haben Sie eine Strukturreform des Heeres angekündigt, die großes Murren auslöste. Hat sich der Frust schon gelegt?

Ganz gelegt wird es sich dann haben, wenn man draußen das Ziel spürt: Alles für die Truppe – und eine schlankere und effizientere Verwaltung. Wenn der Erste sagt, er hat für sein Notstromaggregat für seine Kaserne nicht drei Jahre lang warten müssen, dann haben wir es richtig gemacht. Ich denke, das wird sehr bald der Fall sein.

Politiker sind derzeit eher unten durch. Gibt es Momente, wo Sie sich fragen: Hätte ich doch lieber die Juristerei weiterverfolgt?

Nein. Ich habe die schönste Aufgabe in der Republik.

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