Hartinger-Klein wurde entmachtet

Pfiffen Hartinger-Klein einmal mehr zurück: Kurz und Strache
Hofer und Blümel übernehmen nach Wirrwarr die heikle Reform des Arbeitslosengeldes. FPÖ beim Zugriff auf Vermögen uneins.

Soll der Staat auf das Vermögen eines Langzeitarbeitslosen zugreifen dürfen oder nicht? In der Beantwortung dieser Frage, aufgeworfen durch die im türkis-blauen Regierungspakt avisierte Abschaffung der Notstandshilfe, kam es zum ersten Krach in der noch jungen Koalition. Die blaue Sozialministerin Beate Hartinger-Klein preschte vergangene Woche vor und erklärte, dass Langzeitarbeitslose nach der geplanten Reform nicht in die klassische Mindestsicherung wandern müssen – sprich: Der Staat werde nicht auf ihr Vermögen zugreifen. Kanzler Sebastian Kurz pfiff die Sozialministerin rasch zurück, natürlich sei ein Zugriff auf das Vermögen bei manchen geplant, sagte er. Für Hartinger-Klein offenbar kein Grund, die Sache ruhen zu lassen: Am Dienstag tingelte sie durch mehrere Medien, um ihre ursprüngliche Version – die im Widerspruch zu jener des Kanzlers steht – erneut zu trommeln.

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Spätestens da ist vor allem der ÖVP-Spitze der Kragen geplatzt. Hartinger-Klein bekam von der türkis-blauen Führungsriege die Leviten gelesen, wie es in Regierungskreisen heißt. Nach dem Ministerrat rückten Kurz und Heinz-Christian Strache schließlich aus, um Hartinger-Klein einmal mehr öffentlich zurückzupfeifen: "In bestimmten Fällen", so Kurz, "wird ein Zugriff auf das Vermögen möglich sein". Im Visier hat Kurz jene, "die sich beim AMS durchschummeln". Strache griff die Formulierung auf, auch er wolle Zugriff auf das Vermögen der "Durchschummler".

Konzept bis Jahresende

Das war’s dann aber auch schon wieder mit der Klarheit, einen Weg zur Auffindung der "Durchschummler" blieben die Koalitionäre ebenso schuldig wie die vermutlich verlängerte Bezugsdauer des künftig degressiven Arbeitslosengeldes. Ein Konzept für die Eingliederung der Notstandshilfe ins Arbeitslosengeld und in die Mindestsicherung werde es erst Ende des Jahres geben, heißt es.

Brisant: Dieses wird nicht mehr federführend von Hartinger-Klein ausgearbeitet. Die Leitung des Projekts "Arbeitslosengeld neu" wanderte nun zu den beiden Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) – letzterer sprach sich am Mittwochabend auf Puls 4 ebenfalls für einen Zugriff auf das Vermögen arbeitsunwilliger Betroffener aus.

Blaue Uneinigkeit

So weit, so klar? Keineswegs, wie blaue Reaktion aus den Ländern zeigen. Die bald im Wahlkampf stehenden FPÖ-Landeschefs aus Kärnten und Tirol, Gernot Darmann und Markus Abwerzger, rückten aus, um sich gegen den von ihrer Parteispitze geplanten Vermögenszugriff für in die Mindestsicherung rutschende Bezieher der Notstandshilfe zu stemmen. "Bei einer Regierungsbeteiligung der FPÖ in Kärnten", richtete Darmann der Regierung via Aussendung aus, "wird es keinen Vermögenszugriff geben".

Während die steirischen Blauen noch Details abwarten wollen, reiht sich Manfred Haimbuchner in die Riege der Kritiker ein: Der Landeshauptmann-Vize und Chef der mächtigen FPÖ Oberösterreich sieht den Zugriff auf Vermögen Arbeitsloser "kritisch". Ausgestanden scheint dieser Disput also noch lange nicht.

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