Ich habe die Größe von Hans Peter Doskozil gesehen, der am Ende des Parteitages, als er noch als Sieger festgestanden ist, Andreas Babler auf die Bühne geholt hat. Das hat er sehr demütig gemacht. Und er hat auch sofort gesagt, dass er das Lager von Babler mitintegrieren will und Spitzenpositionen mit Persönlichkeiten, die Babler gewählt haben, besetzen will.
Ist das für Sie auch jener Schritt, den Sie jetzt von Andreas Babler erwarten?
Damit die SPÖ vom dritten Platz nach vorne kommt, muss es eine Einigung geben, muss die Partei nach außen hin geschlossen auftreten. Da ist es auch wichtig, dass sich Personen, die Hans Peter Doskozil gewählt haben, auf wichtigen Positionen in der Sozialdemokratie wiederfinden. Da geht es nicht nur darum, beim Parteitag im Herbst den einen oder anderen Stellvertreter zu präsentieren. Wenn sich das Doskozil-Lager in der Partei nicht wiederfindet, ist es schwierig, diese Gruppen für eine Wahlbewegung zu motivieren.
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Momentan hat man den Eindruck, dass da in der Partei eine gewisse Unsicherheit vorherrscht.
Ich war zuletzt bei einer Sport-Austria-Veranstaltung in Graz und habe mit sehr vielen Leuten aus fast allen Bundesländern natürlich auch über Politik gesprochen. Da habe ich den Eindruck gewonnen, dass manche jetzt in den Warteraum gegangen sind. Deswegen ist es eine Herausforderung für Andreas Babler, da wieder die richtige Balance zu finden zwischen den Vertrauten und den anderen Gruppierungen, die eingebunden werden müssen. Da muss das richtige Signal schon jetzt gesetzt werden.
Ein wenig wurde diese Stimmung ja schon gebremst. Andreas Babler hat schon Themen wie die 32-Stunden-Woche, ein neues Asyl-Papier oder die Legalisierung von Cannabis angesagt und ist jetzt schon in der Partei auf Widerstand gestoßen.
Andreas Babler hat seine Themen ja schon im Wahlkampf dargelegt. Ob das die Themen sind, mit denen die SPÖ in Wahlen geht, ist noch nicht klar. Es ist seine Aufgabe und die seines Teams, die Themenschwerpunkte für die Wahlen mit allen Landesvorsitzenden und dem Präsidium festzulegen. Die Partei muss sich einig sein, mit welchen Themen man in eine Wahl geht, um eine Chance zu haben, wieder in die Regierung zu kommen.
Kommen wir zum Burgenland und zu Hans Peter Doskozil. Er hat sich jetzt komplett aus der Bundespolitik zurückgezogen. Ist das der richtige Schritt?
Er war auch in der Vergangenheit in den Gremien der Bundespartei nicht vertreten.
Aber er wurde wieder ins Präsidium eingeladen. Als Landeshauptmann ist er in der SPÖ ein wichtiger Mann.
Ich glaube, dass dieses Zurückziehen auch darauf beruht, dass er gemerkt hat, dass seine Themen wie der Mindestlohn, Integration vor Zuzug, die Anstellung von pflegenden Angehörigen oder der Kampf gegen die Zwei-Klassen-Medizin auf Bundesebene nicht wirklich ernsthaft diskutiert worden sind. Im Burgenland hat er das, wo er es kann, im Wesentlichen ja auch umgesetzt.
Heftig diskutiert wird in der SPÖ der Konflikt zwischen Eisenstadt und Wien, zwischen Hans Peter Doskozil und Michael Ludwig. Da soll jetzt Eiszeit herrschen.
Es ist ja nicht nur der Politik so, dass man einmal gute und dann wieder schlechte Zeiten hat. In der Politik gibt es genauso Hochs und Tiefs wie im Privatleben, wo auch nicht immer alles nur Sonnenschein ist. Ich hoffe aber, dass sich dieses Verhältnis Burgenland und Wien in den nächsten Wochen und Monaten wieder normalisiert. Das ist ganz wichtig, weil die Ostregion mit Wien, Niederösterreich und dem Burgenland hat in den vergangenen Jahrzehnten als gemeinsame Region sehr viel bewegt.
Trauen Sie Andreas Babler zu, dass er die Partei wieder einen kann?
Grundsätzlich hoffe ich es, weil die Republik eine staatstragende Partei wie die Sozialdemokratie ganz einfach braucht. Es ist auch gut für Österreich, wenn es eine starke SPÖ gibt. Deswegen hoffe ich, dass Andreas Babler nicht nur die Partei eint, sondern dass er sie auch in die Regierung führt.
Was denken Sie sich, wenn gesagt wird, dass nun der linke Flügel die SPÖ regiert, weil sich Babler mit seiner Gruppe durchgesetzt hat?
Das werden die nächsten Entscheidungen zeigen. Wenn Andreas Babler sagt, ich nehme auch jene mit, die durchaus pragmatisch in der Politik tätig sind, die kompromissbereit sind, die auch erfolgreich sind, dann stimmt diese Einschätzung nicht.
Reden wir einmal nur vom Asyl-Thema. Das hat natürlich in der Partei für Verstimmung gesorgt, dass Babler das Asyl-Papier der Partei, das von Doskozil und Kaiser erarbeitet worden ist, infrage gestellt hat. War das klug?
Das war aus seiner Sicht klug, weil er dieses Papier nicht positiv bewertet. Es ist jedenfalls ein ganz wesentliches Thema für die Sozialdemokratie, weil ehemalige SPÖ-Wähler in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß FPÖ wählen. Deswegen muss das Thema Asyl diskutiert werden. Aber ich glaube, das weiß Andreas Babler. Es muss aber eine gemeinsame Lösung gefunden werden.
Ein weiterer Punkt sind die Koalitionsansagen. Was denken Sie sich dabei, wenn immer sofort gesagt wird, dass es mit der FPÖ keine Koalition geben kann? Immerhin haben Sie im Burgenland mit Rot-Blau regiert.
Ich bin dafür, dass man dieses Thema erst dann behandelt, wenn es aktuell ist. Zuerst sollte man die Themen definieren und dann, mit wem man das umsetzen kann. Oder ich erkläre von vornherein, dass wir in Opposition gehen, wenn diese Punkte nicht umgesetzt werden. Dann sind wir wieder fünf Jahre in der Opposition, können die Faust in der Hosentasche ballen, aber wieder nichts bewegen.
Für Sie muss die SPÖ das Ziel haben, wieder in einer Regierung zu sein?
Schon Max Weber hat gesagt, dass es in der Politik die Verantwortungsethik und die Gesinnungsethik gibt. Bei Letzterem möchte ich meine reine Lehre, meine Schwerpunkte ohne Abstriche umsetzen. Die Verantwortungsethik sagt, welche Kompromisse kann ich machen, damit ich zumindest einen Teil im Sinne der Bevölkerung umsetzen kann. Ich fühle mich der Verantwortungsethik verpflichtet. Deswegen will ich, dass die SPÖ in der Regierung ist.
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