Haimbuchner: "Regierung verfolgt bei Klimabonus marxistischen Ansatz"
Manfred Haimbuchner, Chef der FPÖ-Oberösterreich, über ausgeschüttete Milch, die Folgen der Sanktionen, den Fall Jenewein und seine Arbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl.
In Oberösterreich ist die FPÖ in der Regierung, FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner Stellvertreter von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Im KURIER-Interview spricht Haimbuchner über das Wahlergebnis von Walter Rosenkranz, warum es für Volksbefragungen zu spät ist und er den Energiespartipps der Regierung nichts abgewinnen kann.
KURIER: Walter Rosenkranz kam nicht, wie von ihm erhofft, in die Stichwahl mit Alexander Van der Bellen und liegt mit 17,68 Prozent der Stimmen unter den Umfragewerten der FPÖ. Welche Rückschlüsse ziehen Sie aus dem Ergebnis?
Manfred Haimbuchner: Man verfehlte die Stichwahl, Rosenkranz wurde aber Zweiter. Damit wurde eines von zwei Wahlzielen erreicht. Ich denke, er konnte die Kernwählerschicht der FPÖ gut erreichen. Ein Wahlergebnis mit Umfragen zu vergleichen, halte ich für unangebracht. So gesehen bleibt der einzige Rückschluss: Die FPÖ muss auch in Zukunft alles geben, um die Bürger zu erreichen und zu überzeugen. Auch über die Kernwählerklientel hinaus.
Apropos Wahl: Hatte oder hat Österreich eine Wahl, bei den Sanktionen gegen Russland anders als die EU vorzugehen?
Das ist realpolitisch längst entschieden. Das hätte vor dem ersten Sanktionspaket besprochen und analysiert werden müssen. Die Milch ist ausgeschüttet und nicht mehr einzufangen.
FPÖ-Chef Herbert Kickl plädiert wegen der Sanktionen seit Monaten für eine Volksbefragung.
Die Völker in ganz Europa sind nicht befragt worden. Es wäre eine Möglichkeit gewesen, bei so entscheidenden und einschneidenden Maßnahmen die Bevölkerung miteinzubeziehen, aber das würde jetzt nichts mehr ändern.
Was ist unveränderbar?
Nord Stream 1 und 2 sind funktionsuntüchtig. Europa ist kein Verhandlungsort mehr. Es ist dramatisch für die Entwicklung Europas, dass ein Autokrat wie Erdogan die Streitparteien an einen Tisch bringt und nicht mehr der demokratische Westen.
Oberösterreich ist das Industriebundesland. Wie sehr haben der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise den Wirtschaftsstandort bereits beeinflusst, und wovon gehen Sie mittel- und langfristig aus?
Selbst wenn sich die Situation international entspannen wird: die Transformation der Wirtschaft und Energie leidet. Es werden harte Jahre. Das jetzige Jahrzehnt wird durch ein gedämpftes Wachstum geprägt sein. Das sagen alle Prognosen. Dazu kommt die Unfähigkeit der EU.
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit nimmt ab. Natürlich war das billige russische Gas, das jetzt weg ist, ein Standortvorteil für uns. Wir sind gezwungen, viel in Innovation zu investieren, um alternative Energiesysteme zu etablieren, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit irgendwann zurückerlangen. Jetzt nimmt die Wirtschaft Schaden, unser Wohlstand, unsere Gesellschaft, unsere soziale Sicherheit.
Auf welche Energieträger sollte man Ihrer Meinung nach setzen in Oberösterreich, in Österreich?
Wir dürfen uns nicht nur an der Zahl von Windrädern und Fotovoltaikanlagen orientieren. Wir haben eine Gasinfrastruktur aufgebaut. Dieses Leitungsnetz lässt sich auch alternativ nutzen, beispielsweise durch synthetisches Gas. Es gibt Anlagen, die weltweit auch mit österreichischem Know-how aufgebaut werden – nur nicht in Österreich.
Haben Sie praktische Beispiele parat?
Es gibt so viele! Ökologisches Fracking von der Montanuni Leoben zum Beispiel. Es darf einfach keine Denkverbote geben! Ob man sich für oder gegen eine Methode entscheidet, das ist wieder etwas anderes. Es gibt aber so vieles, worüber wir nicht einmal diskutieren. Mir geht es darum, das technische und innovative Potenzial zu nutzen und nicht nach planwirtschaftlichen Parametern zu handeln - wie: Wie viele Windräder …
… was haben Sie gegen Windräder?
Nichts. Worüber wir jetzt diskutieren, sind Überschriften – ohne jemals an die vorhandene Infrastruktur zu denken. Deshalb spreche ich das Gasnetz an. Es ist da und wird genutzt werden müssen. Gleichzeitig werden wir enorme Summen in die Netzstabilität und -infrastruktur investieren müssen. Was immer und gerne vergessen wird: Die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich hat dafür gesorgt, dass wir Nummer eins bei den Fotovoltaik-Zielen 2030 sind.
Jeder erneuerbare Energieträger, der abhängig von der Witterung ist, braucht ein Ersatzkraftwerk. Jedes Windrad würde auch ein Mini-Pumpkraftwerk benötigen. Ich begrüße die Energiewende explizit, doch sie hat die Abhängigkeit von Gas – das muss man sagen – gefördert. Wenn wir unabhängiger werden wollen, dann geht das nur durch Innovation. Es muss zu einem Umdenken am Strommarkt kommen, weil der Strompreis die Produktionskosten nicht widerspiegelt.
Wie groß ist der Druck, den die Wirtschaft auf Sie als Landeshauptmann-Stellvertreter ausübt, um etwas zu tun?
Den größten Druck hat der Bund, doch so ehrlich muss man sein: Vieles kann die Regierung nicht lösen. Wir brauchen ein Umdenken in der EU. Aber die Regierung verfolgt beim Klimabonus einen marxistischen Ansatz. „Zuerst nehme ich Dir das Geld, indem ich von der Inflation profitiere, und dann gebe ich es Dir gönnerhaft zurück!“ Ich warte noch darauf, dass sie Lebensmittelmarken verteilen.
Steuern senken, denn: Alle Zuschüsse und Boni bekämpfen nicht das wahre Problem. Das Argument für den Klimabonus war die CO₂-Bepreisung, doch die Menschen stöhnen jetzt unter der Teuerung. Dabei ist die noch gar nicht zur Gänze angekommen. Wir müssen das Problem am Strompreismarkt beheben – alles andere wird weiter inflationstreibend sein.
Die Abschaffung der kalten Progression wird nicht reichen? Ein weiterer Klimabonus auch nicht?
Die Lohn- und Einkommenssteuer müsste extrem gesenkt werden. Dann nämlich wäre auch der Staat gezwungen, selbst zu sparen. Aber jetzt nimmt er sehr viel Geld ein und gibt sehr viel aus. Teils unfair und ungerecht, wie beispielsweise beim Energiekostenzuschuss, von dem alle Freiberufler ausgenommen sind.
Die Energiespartipps der Regierung …
… ich glaube, die kommen von Menschen, die selbst nicht kochen können. Ich weiß, wann ich den Deckel auf den Topf geben muss. Das ist wie die Sache mit den Heizschwammerln. Die meisten werden mit Propan und Butan betrieben – das hat mit Strom gar nichts zu tun.
Muss man nicht dennoch das Bewusstsein schärfen?
Teile der Politik stellen die Bürger als dumm dar. Man tut so, als würden die Menschen keine Ahnung vom Leben haben. Es ist aber genau umgekehrt. Mich stört das Menschenbild, das hier vermittelt wird. Die Menschen sparen, trennen Müll, organisieren ihr Leben. Es geht Ministerin Gewessler gar nichts an, wie warm oder kalt es in meinem Haus ist.
Die Ministerin kann Sie nicht kontrollieren.
Es geht mir ums Prinzip. Wir leben in einer freien Gesellschaft. Wenn jemand zwei Mal am Tag den Kachelofen einheizen will oder die Wohnung auf 22 Grad heizt, dann soll er das machen, wenn er es sich leisten kann.
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