Hälfte der Frauen geht nicht direkt aus Beruf in Pension

WKÖ - ARBEITSMARKTGIPFEL: ANDERL
Ab 2024 wird das Pensionsantrittsalter von Frauen angehoben. Das könnte angesichts der großen Lücken zwischen Pension und Erbwerbstätigkeit zu einem erheblichen Anstieg der Altersarmut führen, wie eine neue Studie zeigt.

Der Befund ist nicht nur ernüchternd, sondern auch erschütterd - mit diesen Worten kommentierte Arbieterkammer-Präsidentin Renate Anderl am Dienstag die Ergebnisse einer von der Arbeiterkammer bei WIFO und FORBA in Auftrag gegebenen Studie.

Der Grund: Nur 48 Prozent der Frauen gingen 2019 direkt aus der aktiven Beschäftigung in Pension. Das sind weniger als noch 2010 (53,3 Prozent). Besonders schlimm ist die Lage im Tourismus und dem Reinigungsbereich. Hier wechselt nur ein Viertel der Frauen direkt aus der Erwerbstätigkeit in die Pension. Auf der anderen Seite waren es in der öffentlichen Verwaltung und den Sozialversicherungen (ohne Beamte) mehr als 70 Prozent. Neben der Branche ist auch die Unternehmensgröße ein wichtiger Faktor. In Großunternehmen (mehr als 1.000 Beschäftigte) gehen zwei Drittel lückenlos in die Pension, in Kleinbetrieben (unter 10 Beschäftigten) ist es nur ein Drittel.

AK: "Stolpern unvorbereitet in Angleichung des Pensionsalters"

Und die Situation werde sich weiterhin verschärfen. Denn die Crux ist folgende: Das Pensionsantrittsalter von Frauen ist zwar in den letzten zehn Jahren gestiegen. Gingen 2010 rund 38 Prozent der Frauen mit 60 Jahren in Pension, lag dieser Anteil 2019 bei fast 70 Prozent. Allerdings steigt die Erwerbslücke zwischen letzter Beschäftigung und dem Zeitpunkt des Pensionsantritts - von mehr als fünf Jahre auf knapp sechs Jahre (von 63 auf 71,9 Monate). Wenn in zweieinhalb Jahren damit begonnen wird, das Frauenpensionsalter anzuhaben (von 2024 bis 2033 von 60 auf 65 Jahre), werde die Lücke weiter anwachsen, erklärten die Studienautorinnen. Für ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann heißt dass, dass die Alarmglocken läuten müssten.

Niemand sei auf die Anhebung des Frauenpensionsalters vorbereitet, es komme "eine bedrohliche Situation" auf die Frauen zu, sagte die ÖGB-Vizepräsidentin. Wenn jetzt nicht gehandelt werde, "rollt eine Belastungswelle auf die Frauen zu" und die Altersarmut werde steigen. "Jetzt ist Zeit zu Handeln", richtete sie einen eindringlichen Appell sowohl an die Politik als auch an die Betriebe.

Denn derzeit kann sich mehr als die Hälfte der Frauen über 45 Jahre  laut einer Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex 2020 nicht vorstellen, im aktuellen Beruf bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter durchzuhalten. Noch deutlich höher ist der Anteil in Branchen, in denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind - in der Altenpflege und Behindertenbetreuung 73 Prozent, bei Reinigungskräfte 66 Prozent, in der Pflege und medizinischen Betreuung 62 Prozent.

Was aber kann man tun?

Vor allem müssten die Arbeitsbedingungen so verbessert werden, um gesund bis zum Pensionsantritt arbeiten zu können, forderten Anderl und Schumann. Es brauche altersgerechte Arbeitsplätze, wirksame Arbeitsmarktprogramme für Frauen, Vollzeitangebote für Frauen und eine Verkürzung der Arbeitszeit, weil die vorwiegend von Frauen geleistete Teilzeitarbeit sei häufig eine Arbeitszeitverkürzung auf eigene Kosten. Weiters auf der Forderungsliste steht ein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit sowie ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr des Kindes und ein Ausbau der mobilen und stationären Pflege - um Frauen von der Doppel- und Dreifachbelastung zu entlasten.

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