Gutachter: "Einfache Lösungen sind verdächtig"

Prof. Bernd-Christian Funk
"Grenzen dicht" bei 37.500 ist für die Experten nicht vertretbar.

Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk und Europarechtler Walter Obwexer sollen für die Regierung bis spätestens Ende März in zwei Gutachten darlegen, welche Möglichkeiten es gibt, die geplante Obergrenze an Asylwerbern im rechtlichen Rahmen durchzusetzen.

In einem Punkt äußern sich die beiden Experten jetzt schon sehr deutlich: "Eine zahlenmäßige Festschreibung der Obergrenze darf es nicht geben", sagt Funk zum KURIER. Obwexer sagte gegenüber Ö1, es könne nicht sein, "dass bei Erreichen der Grenze von 37.500 Österreich vollkommen dichtmacht. Wenn die Grenze so verstanden werden würde, wäre sie weder mit dem Völkerrecht noch mit dem Unionsrecht kompatibel."

Funk weist aber darauf hin, dass es einen "Gegengrundsatz" gibt: "Dass niemand, auch ein Staat, verpflichtet sein kann, Leistungen zu erbringen, die er nicht erbringen kann. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann man verhindern, dass es überhaupt so weit kommt? In der Diskussion ist dieser Aspekt noch nicht ausreichend formuliert worden."

Die Türen offenzulassen, bis die Obergrenze erreicht ist, und sie dann zu schließen, werde nicht funktionieren, sagt Obwexer. Vielmehr müsse man sich "eine Reserve belassen, um alle Asylanträge behandeln zu können, die nach Völkerrecht und Unionsrecht behandelt werden müssen. Zum Beispiel, weil ein Schutz Suchender nicht in ein sicheres Drittland zurückgeschickt werden kann."

Apropos: Ist es so, wie ÖVP-Klubchef Lopatka sagt (siehe oben), dass man fast alle Flüchtlinge wegweisen könne, weil sie aus sicheren Drittländern wie Slowenien oder Italien kommen würden? Nein, sagt Funk: "Es ist eben gerade nicht so einfach." Dass andere Länder ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, "ist keine Legitimation dafür, dass Österreich sagt, wir nehmen die auch nicht", sagt Funk. "Die Dinge haben immer mehrere Seiten. Einfache Lösungen stehen immer im Verdacht, dass sie nicht zutreffend sind."

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