Grüner Querschuss aus Tirol: Kogler nicht automatisch die "Nummer eins"
Man stelle sich vor, ein ÖVP-Landeshauptmann würde ähnliches über Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagen: Dass der grüne Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler bei der nächsten Nationalratswahl erneut Spitzenkandidat seiner Partei wird, ist keine ausgemachte Sache - zumindest wenn es nach dem grünen Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi geht. Kogler sei zwar momentan die "Nummer eins", aber diese Frage werde "zeitgerecht, ein Jahr vor der Wahl", also planmäßig 2023, entschieden, sagte Willi im APA-Gespräch.
"Wenn man die Wahl vorbereitet, wird man sich anschauen: Was ist die grüne Antwort auf die Themenlage am Wahltag. Was die Themenlage sein wird und wer dafür der beste Thementräger sein wird - das wissen wir heute nicht", erklärte Willi. Diese Vorgangsweise sei bei den Grünen "so üblich". "Und gilt im Übrigen auch für mich", meinte Willi.
Kogler in "schwieriger Rolle"
Kogler fülle als Vizekanzler eine "schwierige Rolle" aus, konstatierte der Stadtchef. "Er ist der Hauptverhandler auf grüner Seite in der Koalition und holt viel raus. Aber der Verkünder der Ergebnisse ist Bundeskanzler Sebastian Kurz. Als Lohn für seine Arbeit bekommt Werner Kogler oft nicht die mediale Präsenz, die er verdient", diagnostizierte der Bürgermeister. Dies liege natürlich auch daran, dass die ÖVP das oft nicht wolle.
Nichtsdestotrotz zeigte sich Willi mit der grünen Regierungsbeteiligung bisher zufrieden. Aufgrund der Corona-Krise sei Gesundheitsminister Rudolf Anschober derzeit medial die "Nummer eins". Dieser werde "extrem geschätzt" - auch von Nicht-Grün-Sympathisanten. Kogler sei in der Koalition auf grüner Seite quasi der "Passgeber" und Anschober der "Torschütze". Zudem habe man mit Infrastrukturministerin Leonore Gewessler und Justizministerin Alma Zadic zwei "ganz starke Frauen", die ebenso starke Akzente gesetzt hätten.
Druck auf ÖVP soll erhöht werden
In der koalitionsinternen Auseinandersetzung zwischen ÖVP und Grünen rund um die Aufnahme von Flüchtlingen aus griechischen Lagern sprach sich Willi wie Kogler dafür aus, weiter Druck auf den Koalitionspartner ÖVP auszuüben. "Ich glaube, die werden reagieren", zeigte sich Willi vorsichtig optimistisch. Es sei "extrem unsolidarisch" nicht hinzuschauen, und den wirtschaftlich schwer angeschlagenen Griechen nicht zur Seite zu stehen: "Wir haben die humanitäre Verpflichtung, zu helfen".
Die schwarz-grüne Tiroler Landesregierung sah der Stadtchef indes - trotz der Causa Ischgl und atmosphärischer Störungen wie nach dem "Luder"-Sager von ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler - auf einem guten Weg. Er sehe überhaupt keine andere Konstellation wie jene mit dem Spitzenduo aus ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter und seiner Grünen Stellvertreterin Ingrid Felipe. Auch in der Frage einer weiteren Spitzenkandidatur Felipes bei der Wahl im Jahr 2023 gelte dasselbe wie für Kogler: Rund ein Jahr zuvor werde darüber entschieden, so Willi. Tirol sei jedenfalls im Vergleich zu anderen Bundesländern "extrem gut durch die Krise" gekommen und habe aus Ischgl auch die nötigen Konsequenzen gezogen. Der Bürgermeister verwies auf die erfolgte "Umstrukturierung in der Landesverwaltung", was die Bereiche Katastrophenschutz und Gesundheit betrifft.
Massentests: Kritik an Kurz
Die zweite Massentest-Runde vom 15. bis 17. Jänner müsse die letzte sein, forderte Willi zudem. Danach gelte es, sich auf die Überzeugungsarbeit für die Impfung und die darauffolgende "Massen-Impfung" zu konzentrieren. Indes übte Willi Kritik an Aufbereitung bzw. Kommunikation der Massentests durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Willi warf Kurz quasi eine überfallsartige Vorgangsweise vor. Dies habe dazu geführt, dass man zu wenige Menschen überzeugen habe können und dementsprechend die Beteiligung auch eher enttäuschend ausgefallen sei: "Ich hätte mir das anders erwartet. Nicht: 'Kurz verkündet und alle müssen reagieren'. Ich hätte mir das besser vorbereitet gewünscht. Auch die zweite Phase. Es geht auch darum, ob man wirklich alle testen und es stattdessen nicht zielgerichteter machen soll". Der Kanzler hätte dies "kommunikativ anders vorbereiten" müssen.
Man müsse die letzten Massentests nun vor allem als eine wichtige Übung sehen, um in die Phase der Impfung zu kommen. Die Tests würden es erleichtern, im Anschluss eine "funktionierende und erprobte Impfstruktur" zur Verfügung zu haben. Er hoffe, dass man dann innerhalb kurzer Zeit sehr viele Menschen impfen könne. Dies solle "ziemlich schnell in das normale Leben zurückführen".
Darüber hinaus fand der Innsbrucker Stadtchef jedoch lobende Worte für das schwarz-grüne Corona-Krisenmanagement. Es sei gelungen, das Gesundheitssystem "fit zu halten" und durch Kurzarbeit und Förderungen die Wirtschaftskrise abzufedern. "Dass nicht jede Entscheidung den Logik-Preis gewinnt, ist auch klar", zeigte sich Willi gnädig.
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