Denn: Bei Menschen, die nachweislich keine Infektionsgefahr mehr für andere darstellen und auch das Gesundheitssystem nicht belasten würden, fehle die sachliche Begründung für Freiheitseinschränkungen.
Der Begriff "Impfprivileg", der gerne gebraucht wird, sei deshalb verfehlt: Es gehe nicht darum, jemanden zu bevorzugen oder zu belohnen, sondern darum, schrittweise den Normalzustand wiederherzustellen. Die Gruppe der "Ungefährlichen" wird jeden Tag größer.
Im Gesundheitsministerium wird man nun aktiv. Während der "Grüne Pass" der EU ab Juni das Reisen wieder möglich machen soll (siehe unten), will Österreich schon früher loslegen:
Ab Ende April soll es den Nachweis für Getestete und Genesene geben, in weiterer Folge auch für Geimpfte, sagte Minister Rudolf Anschober (Grüne) kürzlich. Überlegt wird auch, welche Freiheiten sie damit genießen könnten.
Zwei Fragen sind vorab entscheidend: Die erste ist, ob eine Impfung tatsächlich vor der Weitergabe des Virus schützt. Studien zeigen, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer das Risiko um rund 90 Prozent reduziert, jener von Astra Zeneca um rund 70 Prozent. Die aktuell grassierenden Virus-Mutationen sind aber ein Unsicherheitsfaktor.
Zweitens: Das Ministerium will zwar einen einheitlichen Nachweis für Geimpfte, Getestete und Genesene, offen ist aber, ob sie auch bei den Freiheiten gleichgestellt werden können – also ob von ihnen ein vergleichbar niedriges Risiko ausgeht. So ist nicht ganz klar, wie lange Genesene immun sind.
In der Novelle zum Covid-Gesetz wurde zumindest festgeschrieben, dass Geimpfte und Getestete beim Betreten von Betriebsstätten gleichgestellt sind. Zur Umsetzung braucht es eine Verordnung.
Zurück zu den "Privilegien", um den Begriff noch einmal zu bemühen: Die Bioethik-Kommission hat bereits im November Vorschläge gemacht. Diese soll das Expertengremium,
das im Gesundheitsministerium getagt hat, für gut befunden haben. Darin wird unterschieden zwischen "schwerwiegenden" und "geringfügigen" Grundrechtseingriffen.
Ersteres sollte leicht zu beseitigen sein. So sei es logistisch zu bewältigen, schreibt die Bioethik-Kommission, dass beim Zutritt zu Restaurants, Hotels, Konzerten, Skipässen oder "vergleichbaren Kultur- und Freizeitaktivitäten" ein Nachweis zum Impfstatus kontrolliert werde.
Diese Bereiche wären vom Rest der (möglicherweise infektiösen) Bevölkerung auch gut abgrenzbar. Zuletzt kam man ja auch schon mit einem Negativ-Test zum Friseur, in Ostösterreich soll dies nach dem Lockdown ab 7. April auch für den Handel gelten.
Die "geringfügigen" Eingriffe aber dürften bleiben – auch für Geimpfte: Hier geht es um Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht. Warum?
Die Bioethik-Kommission schildert ein Beispiel: Man sieht einer Person den Impfstatus äußerlich nicht an – wenn nun mehrere Geimpfte ohne Maske in der U-Bahn stehen, würde das "notgedrungen zu einer allgemeinen Demoralisierung" führen. Nach dem Motto: Wenn die keine Maske tragen, warum sollte ich? Zudem wäre es für die Exekutive wohl nicht zumutbar, bei allen Maskenlosen in der Öffentlichkeit den "Grünen Pass" zu kontrollieren.
Diese Stoßrichtung bestätigt das Gesundheitsministerium auf KURIER-Anfrage: "Die Maskenpflicht ist eine einfache und potenziell sehr wirksame Maßnahme und wird vorerst für alle Gruppen beibehalten."
Kommentare