Grüner Neustart mit Millionenschulden

Robert Luschnik, Partei- bzw. Krisenmanager
Mit Spenden und Landesgeldern soll die Bundespartei bis zur nächsten Wahl überleben.

"Heute startet das Projekt Wiedereinzug." Es ist Tag 3 nach der Wahlniederlage, als Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik diese kämpferische Parole ausgibt.

Bis zum 8. November müssen die Räumlichkeiten des Parlamentsklubs in der Wiener Löwelstraße geräumt sein, 31 Jahre parlamentarische Arbeit wandern in den Schredder. Der Mietvertrag für die Parteizentrale am Rooseveltplatz wurde schon gekündigt, und 126 Mitarbeiter sind demnächst arbeitslos. Werner Kogler, der am Dienstag nach dem Rückzug von Ingrid Felipe interimistischer Parteichef wurde, muss jetzt die Scherben aufsammeln.

Niederlage als Weckruf

Wovon nährt sich also der Kampfgeist des Parteimanagers für einen Neustart, der noch in so weiter Ferne scheint? "Von hunderten Anrufen, SMS und eMails, die uns gezeigt haben, dass das Grüne Projekt weitergehen muss", sagt Luschnik. Das seien nicht nur Lippenbekenntnisse, viele hätten schon Geld gespendet. Die Grünen haben am Mittwoch auf ihrer Homepage ein Spenden-Tool eingerichtet. Kurios: Für den Wahlkampf wurden insgesamt weniger als 8000 Euro gespendet. Die Niederlage war für viele offenbar ein Weckruf.

Geld hat die Partei bitter nötig: Fünf Millionen Euro Schulden haben sich nach vier Wahlkämpfen in weniger als zwei Jahren angehäuft: Drei für Bundespräsident Alexander Van der Bellen (erster Wahlgang, Stichwahl und Stichwahl-Wiederholung) und die vorgezogene Nationalratswahl. Die dafür aufgenommenen Millionen-Kredite hätten mit der Bundesparteienförderung (2016: 8,9 Millionen Euro) getilgt werden sollen – die fällt jetzt fast zur Gänze aus. Einer Partei, die zumindest ein Prozent der Stimmen erreicht hat, steht nur eine Einmalzahlung von maximal 500.000 Euro zur Abgeltung der Wahlkampfkosten zu. Für die vier Bundesräte gibt es ein Büro im Parlament, drei EU-Mandatare sitzen in Brüssel. Ihnen stehen pro Kopf Förderungen von 26.400 Euro zu, in Summe also rund 185.000 Euro.

Wie geht es also weiter? Bis nächste Woche soll ein Sanierungsplan stehen, erklärt Partei- bzw. Krisenmanager Luschnik. Ein Konkurs kommt nicht infrage; alleine schon deshalb, weil die Gläubiger dann auch bei den Landesorganisationen Ansprüche stellen würden. Dass diese sich bereit erklärt haben, die Schuldenlast untereinander aufzuteilen, entspringt also nicht der reinen Nächstenliebe. Es geht darum, nicht mit unterzugehen – vor allem, weil 2018 vier Landtagswahlen anstehen.

Wien trägt Großteil

Wie der Brocken aufgeteilt wird, ist noch offen. Wien ist mit jährlichen Einnahmen von 5,5 Millionen Euro die finanzstärkste Landespartei, dahinter Oberösterreich mit 4,8 Millionen. Dort kalkuliert man gerade, wieviel man davon in die Sanierung stecken kann.

Salzburg und Vorarlberg dürfen aufgrund der strengen Landesförderregeln keinen Cent an die Bundespartei geben. "Das müssen wir noch juristisch prüfen. Wir hätten sonst auch andere Mittel zur Verfügung", lässt Rudi Hemetsberger aus Salzburg anklingen. Details werden morgen, Freitag, im erweiterten Bundesvorstand besprochen. Für Verwirrung sorgte zuletzt die Ankündigung von Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, sie werde eine "aktive Rolle in der Bundespolitik übernehmen". Eine Doppelspitze wird es aber nicht geben. "Als Vertreterin der stärksten Gruppe sieht sie sich in der Verantwortung", betont ihr Sprecher. "Es müssen aber alle Länderorganisationen zusammenhelfen."

Das Schicksal der Grünen liegt also in Länder-Hand – im schlimmsten Fall, befürchtet man in der Zentrale, existiert die Bundespartei bald nur noch am Papier, maximal mit Ein-Zimmer-Büro irgendwo in Wien.

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