Feuer am Dach
Auch dass „im Weg eines Erlasses“ ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen eingeführt werden sollte, hätte auf dem grünen Bundeskongress für Wirbel gesorgt. Dieser hat nun dem Koalitionsabkommen mit der ÖVP zugestimmt, ohne diese brisanten Zusagen zu kennen. Nicht nur Hebein, sondern auch andere Grüne wie Ingrid Felipe oder Albert Steinhauser machten diesen Umstand in sozialen Medien am Sonntag öffentlich.
Für die grüne Parteiführung ist nun offenbar Feuer am Dach. Sie lud Medienvertreter am Sonntag am Nachmittag überraschend zu einem Hintergrundgespräch ins Klimaministerium, wo Kogler und Maurer wortreich die Absprachen mit der ÖVP verteidigten. Der Kopftuch-Erlass wäre ohnehin rechtswidrig gewesen und aufgehoben worden; ein Postenkontingent – etwa im ORF, wo der grüne Firmenberater Lothar Lockl Chef des Stiftungsrats wird – mussten sie sich sichern, sonst hätte eine „Orbanisierung“ gedroht; und bei der Hacklerregelung hätten sie Maßnahmen gegen Frauenarmut herausverhandelt.
Nehammer soll handeln
Kogler war es sichtlich unangenehm, zugeben zu müssen, dass von den Nebenabsprachen „nur sehr Wenige“ wussten – und zum Beispiel Hebein eben nicht. Es sei außerdem Ex-Kanzler Sebastian Kurz gewesen, der die Abschaffung der Hacklerregelung vor der damals bevorstehenden Wien-Wahl verbergen wollte, um der SPÖ kein Kampagnenthema zu geben. Und überhaupt sei Kurz an allem schuld, lautete der Tenor der grünen Parteiführung am Sonntag. Die „Partie um den Altkanzler“ hätte den Sideletter rausgespielt. Die beiden Grünen glauben, dass der amtierende Kanzler Nehammer damit nichts zu tun habe. Sie fordern ihn aber auf, dass er zusehen müsse, wie er die ÖVP und „diese alte Partie“ in den Griff bekomme, wenn er an einer gedeihlichen Zusammenarbeit in der Koalition interessiert sei. Wovon die Grünen ausgehen.
Bei Im Zentrum erklärte Kolger später am Sonntagabend erneut, das Kopftuchverbot für Lehrerinnen sei ein "Nullum" gewesen, es stehe im Sideletter als "Psychologie für die ÖVP". Die Verantwortung dafür habe er als Verhandlungsleiter "mit einem ganz kleinen Team" getragen.
Der FPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, verteidigte in der ZiB2 indes den Sideletter der türkis-blauen Regierung. Das sei Vorgabe der ÖVP gewesen und die ÖVP mache das offenbar "standardmäßig" in allen Regierungen. Und außerdem müsse man mit der ÖVP Zusagen schriftlich festhalten, weil man sonst befürchten müsse, dass diese nicht eingehalten würden. Das sei mit der ÖVP offenbar "nicht anders möglich". Ob der Bundesparteivorstand über den Sideletter informiert war, konnte Hafenecker nicht sagen, weil er diesem damals nicht angehört hatte.
Kommentare