Diese Darstellungen wies Christian Deutsch, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, am Samstag in einer Stellungnahme gegenüber dem KURIER vehement zurück: "Dass anonym gegenüber der Öffentlichkeit angezweifelt wird, ob Harry Kopietz tatsächlich aus Gesundheitsgründen seine Funktion als Leiter der Wahlkommission niedergelegt hat, ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten."
Auch der Umlaufbeschluss als Grund für Kopietz’ Rücktritt sei die Unwahrheit, meint Deutsch. Kopietz sei bereits am 8. Mai im Krankenstand gewesen – bevor die SPÖ-Bundesgeschäftsstelle über einen Umlaufbeschluss informiert worden sei. Und: Der Beschluss sei nicht wirksam, weil ihn die Kommission einstimmig beschließen müsste.
Michaela Grubesa, neue Leiterin des Gremiums und dem Lager Hans Peter Doskozils zuzurechnen, reagierte gegenüber der APA und dem KURIER wiederum scharf auf Deutsch. "Die Bundeswahlkommission ist ein demokratisch legitimiertes Organ, das seine Beschlüsse mit einfachen Mehrheiten fasst und bis dato auch immer nach diesem Prinzip gefasst hat. Die Statuten schreiben in keinster Weise eine Einstimmigkeit vor", sagt Grubesa.
"Das wird nun umgesetzt"
Sie könne sich nicht vorstellen, dass jemand in der SPÖ gegen mehr Transparenz, Überprüfbarkeit und Kontrolle sei: "Sollte dem aber so sein, steht es jedem Mitglied frei, diese Ansichten zu äußern und an die Wahlkommission heranzutragen, die dann darüber befinden wird", so die Reaktion der Steirerin in Richtung Christian Deutsch.
Die Prüfung von Metadaten, die Beiziehung von Wahlzeugen der Kampagnen und die Ziehung von Stichproben durch eine demokratisch gewählte Wahlkommission diene der Transparenz der Wahl: "Das wurde beschlossen und wird nun umgesetzt."
Weitere Ungereimtheiten
Und auch rund um einen anderen Punkt herrscht in der Wahlkommission Aufregung. Es geht darum, dass die nach der Mitgliederbefragung 2020 - bei der die Zustimmung für Pamela Rendi-Wagner abgefragt worden war - eingesammelten Stimmzettel rasch vernichtet worden waren. Dem KURIER liegt jenes Mail von Harry Kopietz vor, in dem er die Vernichtung der Stimmzettel und der Datenträger mit 30. Juni 2020 datiert hat.
Laut Christian Deutsch sei das aber nicht so passiert. Besagtes Schreiben sei nur ein "Begleitschreiben", der formulierte Umlaufbeschluss habe sich im Anhang befunden. Und da damals nicht alle Mitglieder der Wahlkommission damit einverstanden gewesen seien, sei dieser eben erst ein Jahr später beschlossen worden. Laut Deutsch wurden die Daten letztlich erst im Juni 2021 geschreddert. "Offensichtlich wird auch von Heckenschützen die Lüge verbreitet, dass 2020 nach der Mitgliederbefragung aus ,Vertuschungsgründen' die Daten vernichtet wurden. Das ist aufs Schärfste zurückzuweisen", so Deutsch.
Das verwundert allerdings so manche Landespartei, die sich nach der Mitgliederbefragung gerne so manche Stichprobe ansehen wollte und mit dem Hinweis aus der Löwelstraße abgespeist worden ist, dass das nicht mehr möglich sei. Dieser Umstand und das Schreiben von Harry Kopietz aus dem Jahr 2020 dürften auch die Gründe gewesen sein, dass in der Wahlkommission gefordert wird, dass diesmal die Datenträger länger aufbewahrt werden. In dem eMail, über das vor einer Woche in der Wahlkommission abgestimmt worden ist, heißt es: "Die abgegebenen Stimmen sind bis zu einem gegenteiligen Beschluss der Wahlkommission aufzubewahren."
➤ SPÖ: Doskozil rechnet sich gute Chance aus
Interne Fehde
In und um die Wahlkommission gibt es seit Wochen eine intern erbittert ausgetragene Fehde zwischen dem vor allem von Wien repräsentierten Lager von Rendi-Wagner und jenem des burgenländischen Landeshauptmanns Doskozil, in dem sich etliche Bundesländer-Vertreter befinden. Letztere Gruppe vermisst Transparenz, was erstere zurückweist.
Kommentare