Großprojekte von Türkis-Grün: Wo die SPÖ mit am Regierungstisch sitzt
Dass der rote Wiener Bürgermeister an der Seite von Kanzler und Gesundheitsminister Corona-Maßnahmen verkündet, gehört schon zum Alltag.
Aber nicht nur in der Pandemie sitzt die SPÖ mit am Regierungstisch.
Zentrale und prestigeträchtige Großvorhaben von Türkis-Grün bedürfen einer Zweidrittelmehrheit im Parlament. Um diese Mehrheit zu liefern, kommt realistischerweise nur die SPÖ in Frage. Die Neos haben zu wenige Abgeordnete, die FPÖ ist oft grundsätzlich abweichender Meinung und insofern nicht konsensfähig.
Lesen Sie hier, um welche Projekte es geht, und wie die SPÖ dazu steht
Um etwa das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), die Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und einen in Österreich noch nie dagewesenen Bundesstaatsanwalt einzuführen, reichen die Stimmen der 71 Mandatare der ÖVP und 26 der Grünen nicht.
In der Pandemie fahren die SPÖ und ihre Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner einen konstruktiven Kurs. Die Infektiologin an der Parteispitze verzichtet auf populistische Propaganda, weil sie die Infektionslage für zu ernst hält.
Aber wird die SPÖ auch in Nicht-Corona-Fragen gefällig kooperieren?
BVT-Entwurf ohne Gespräch mit SPÖ
„Generell muss man leider sagen, dass die türkis-grüne Regierung die Opposition meist spät oder gar nicht einbindet“, sagt SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried im KURIER-Gespräch. „Oft wird etwas präsentiert, ohne dass mit uns vorher geredet wurde, auch wenn es eine Zweidrittelmehrheit braucht.“ So sei es bei der BVT-Reform geschehen, sagt Leichtfried.
Die Regierungsvorlage zum EAG sieht die SPÖ sehr kritisch, da „sinnvolle Anregungen aus der Begutachtung nicht ausreichend berücksichtigt wurden“, sagt Leichtfried.
Finanzielle Grenze für Belastung durch Öko-Strom
Beispiel: ein Kostendeckel für den Ökostrombeitrag, damit einzelne Haushalte nicht zu stark finanziell belastet werden. „Wenn Türkis-Grün die Zustimmung der Opposition will, wird sie uns einbinden müssen“, meint der SPÖ-Klub-Vize. Hinzu kommen auch noch die roten Länder-Interessen (siehe gegenüberliegende Seite).
Bei der Justiz misstraut die SPÖ der ÖVP
Skeptisch wie kritisch gibt sich Jörg Leichtfried, was die Einführung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts betrifft. Der eskalierende Streit um die Korruptionsjäger, vermehrte Aktenleaks und die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel haben ein überraschendes Einlenken der ÖVP bei dem Thema bewirkt. Hatte die ÖVP einen Bundesstaatsanwalt zuvor strikt abgelehnt, ist sie plötzlich für dessen Einführung.
Das macht Leichtfried misstrauisch:. „Was wir nicht wollen, ist ein Bundesstaatsanwalt am Gängelband der Regierung, wie es das deutsche Modell, das von der ÖVP propagiert wird, bedeuten würde.“ Die SPÖ fordere einen „wirklich unabhängigen, weisungsfreien Bundesstaatsanwalt“. Dieser solle für 12 Jahre und von einer breiten Mehrheit des Parlaments bestellt werden. Ähnlich wie die SPÖ sehen das die Grünen. Leichtfried: „Warten wir einmal ab, ob sich Türkis und Grün überhaupt auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf einigen können.“
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