Energie aus Mist: Was das Biogasgesetz bringt und kostet

Energie aus Mist: Was das Biogasgesetz bringt und kostet
„Jedem Misthaufen sein Kraftwerk“, freut sich die Energieministerin Gewessler. Was das Biogasgesetz bringt – und kostet.

In der Nacht auf Mittwoch hat sich die türkis-grüne Koalition überraschend auf einen Entwurf zum Biogasgesetz (Erneuerbare Gase-Gesetz, EGG) geeinigt. Das Gesetz benötigt für einen Beschluss eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, also die Stimmen von SPÖ oder FPÖ.

Worum es konkret geht:

Warum ist das Erneuerbaren Gasgesetz wichtig?

Das Gesetz hilft beim Klimaschutz und beim Ausstieg aus russischem Erdgas. Biogas ist klimaneutral, weil es aus Holzresten, landwirtschaftlichen Abfällen oder auch Biomüll durch einen chemischen Prozess erzeugt wird. Dabei wird über den gesamten Prozess gleich viel klimaschädliches CO2 gebunden, wie bei der Verbrennung erzeugt wird. Biogas verursacht also keine zusätzlichen klimaschädlichen Emissionen. Und das Gesetz sieht eine steigende, verpflichtende Beimischung von heimischem Biogas ins Gasnetz vor, etwa 10 Prozent (oder 7,5 Terawattstunden) des aktuellen Verbrauchs sollen bis 2030 eingespeist werden.

Geht es nur um Biogas?

Nein, von der Gesamtmenge sollen 2,7 Terawattstunden aus grünem Wasserstoff kommen, der Rest soll vor allem Biogas, aber auch Holzgas sein.

Wie viel Biogas ist derzeit vorhanden?

Sehr wenig. Der Anstieg auf 7,5 Terawattstunden bedeutet eine mehr als Verfünzigfachung der heimischen Biomethanproduktion von heute (0,14 TWh).

Wie soll die Beimischung konkret aussehen?

Das Gesetz sieht einen stufenweisen Anstieg der Biogasquote vor. Das Biomethan muss dabei inländisch erzeugt werden, Importe können nicht angerechnet werden. Im Jahr 2030 muss jedenfalls eine Menge von 7,5 Terawattstunden erzeugt werden:

  • 2024: 0,35 Prozent
  • 2025: 0,95 Prozent
  • 2026: 1,7 Prozent
  • 2027: 3,05 Prozent
  • 2028: 4,84 Prozent
  • 2029: 7,10 Prozent
  • 2030: 9,75 Prozent

Wird Gas damit teurer?

Ja. Franz Kirchmeyr vom Kompost & Biogasverband rechnet mit anfänglichen Produktionskosten von etwa 12 bis 14 Cent pro Kilowattstunde. Das ist etwa drei Mal so viel wie der aktuelle (sehr niedrige) Gaspreis. Mit dem Hochskalieren der Produktion sollten die Preise aber fallen, so Kirchmeyr.

Gasfirmen müssen Biogas zukaufen. Was passiert, wenn sie das nicht tun?

Das war einer der größten Streitpunkte innerhalb der Koalition. Gewesslers erster Entwurf sah einen Ausgleichsbetrag von 19 bis 20 Cent pro kWh vor, nun sind nur mehr 15 Cent als Ausgleichsbeitrag an die EGG-Abwicklungsstelle vereinbart worden. Diese Einnahmen sollen als Fördermittel für die Errichtung von Biogasanlagen und Anlagen zur Produktion von erneuerbarem Wasserstoff verwendet werden. Für die ersten Biomethananlagen gibt es zudem ein befristetes Sicherheitsnetz, das garantiert, dass die produzierten Mengen auch abgenommen werden.

Wie wird Biogas erzeugt? 

Die Biomasse, z. B. Gülle, Biomüll, Gartenabfälle oder Speisereste, wird zerkleinert und in einen Fermenter eingebracht. Darin zersetzen Mikroorganismen die Biomasse zu Methan.

Wie viel mehr Biogas wäre möglich?

Kirchmeyr vom Biogasverband schätzt das Potenzial aus der Vergärung auf insgesamt 15 Terawattstunden, mit Holzgas könnte man auf 40 TWh kommen.

Türkis-Grün braucht eine große Oppositionspartei für einen Beschluss. Gibt es von schon eine Reaktion?

Nur sehr verhaltene: FPÖ-Technologiesprecher Gerhard Deimek warnt davor, dass die Mehrkosten den Konsumenten umgehängt werden könnten. Aber auch die SPÖ kann im Entwurf wenig Gutes erkennen. Nicht geklärt sei etwa, wie hoch die Gesamtkosten sein werden und wer diese tragen soll. Die „ÖVP-Agrarlobby hat sich durchgesetzt“, attestiert Alois Schroll, SPÖ-Energiesprecher.

Was sagt die Ministerin?

„Jedem Misthaufen sein Kraftwerk“, sagt Klimaministerin Gewessler: „Die Idee ist bestechend einfach. Statt russischem Erdgas setzen wir auf heimisches Biogas, das die Landwirtinnen und Landwirte selbst produzieren können. Aus biologischem Abfall wird wertvolle Energie. Diese Einigung ist ein wichtiger Schritt für die Unabhängigkeit genauso wie für den Schutz unseres Klimas.“

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