Zufrieden mit dem Gesundheitssystem? Was den Patienten fehlt
Wie marod ist das Gesundheitssystem? Das war eine der prägenden Fragen im Nationalratswahlkampf.
Die ÖVP forderte 700 neue Kassenärzte und eine Berufspflicht für hier ausgebildete Mediziner; die SPÖ redete einer gesetzlichen Termingarantie das Wort.
Aber wie schlimm ist es wirklich um das System bestellt, und vor allem:
Wie empfinden es die Patienten?
Der mit 7,6 Millionen Versicherten größte Krankenversicherer des Landes, die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), untersucht mit dem vom ISA-Institut gemachten „Gesundheitsradar“ regelmäßig die Befindlichkeiten der Versicherten. Mitten im Intensivwahlkampf machte das ISA eine Befragungswelle unter 1.000 Österreichern. Und hier zeigt sich ein differenziertes Bild.
Die gute Nachricht: Nicht weniger als 75 Prozent der Österreicher sind mit der Entwicklung der Gesundheitsversorgung „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“.
„Angesichts der Tatsache, dass mitten im Wahlkampf gefragt wurde, ist das ein auffallend guter Wert“, sagt ISA-Chef Peter Filzmaier im Gespräch mit dem KURIER.
Der Wissenschaftler hat Vergleichswerte aus Februar und März. Und hier lag derselbe Wert nur fünf Prozentpunkte höher, sprich: die Lage ist offenbar stabil.
„Die Qualität in den Arzt-Ordinationen und Einrichtungen wird von den Patienten sehr geschätzt. Das System ist nicht kaputt“, sagt ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer.
Das zeigt sich auch bei der Frage, wo sich die Österreicher über das Thema Gesundheit informieren bzw. wem sie vertrauen: 86 Prozent lassen sich von Ärzten informieren, fragt man nach der „Glaubwürdigkeit“, rangieren Ärztinnen und Ärzte mit 92 Prozent an der Spitze. Soziale Medien sind hier weit abgeschlagen. „Das ist eine ermutigende Erkenntnis“, sagt Filzmaier. „Das Problembewusstsein bei Social Media hat deutlich zugenommen.“
Bemerkenswert bis problematisch ist freilich, dass Freunde, Bekannte und Verwandte offenkundig einen enormen Einfluss darauf haben, wie und was man zum Gesundheitsthema weiß. „Hier muss sich jeder Patient bewusst sein“, sagt Filzmaier, „dass Verwandte und Freunde nicht zwangsläufig zum medizinischen Fachpersonal gehören.“
Gestresst
Die mit Abstand größte Herausforderung im und für das Gesundheitssystem ist die Frage der Zeit – und wo sie den Beteiligten fehlt.
Von den zehn am öftesten genannten Verbesserungsvorschlägen haben acht de facto direkt mit dem Thema „Wartezeiten“ zu tun. Sei es beim Haus- oder Facharzt, sei es in der Spitalsambulanz oder wenn Menschen auf OP-Termine warten.
„Die Wartezeit wird nicht mit der Stoppuhr von den Patienten gemessen, sie wird subjektiv empfunden“, sagt Filzmaier.
Das kann mit erklären, warum die Zufriedenheit mit den Wartezeiten in Spitälern noch geringer ist als in Hausarzt-Praxen: Im Spital geht es in der Regel medizinisch um mehr, man ist gestresster, empfindet die Umgebung als noch belastender.
Welche Verbesserungsmöglichkeiten gibt es?
Da ist etwa der Ausbau der Gesundheitshotline 1450. „Sie ist mittlerweile sehr bekannt“, sagt ÖGK-Chef Wurzer. Mittelfristig könnte sich 1450 flächendeckend als schnelle medizinische Erst-Auskunft etablieren: Anstatt selbst im Kreis zu telefonieren sollen Patienten bei 1450 binnen kürzester Zeit ein Video-Gespräch mit einem Arzt oder medizinischem Fachpersonal bekommen. Dieser schätzt ein, ob man ins Spital, zum Facharzt oder nur ins Bett gehört und hilft, einen Termin zu fixieren.
Was auch hilft: Verbesserungen in den Ordinationen. Das reicht von bequemen Sitzen im Wartezimmer und Wasserspendern bis hin zu Erinnerungssystemen.
Man stelle sich vor, man müsste bei überlangen Wartezeiten nicht im Wartezimmer ausharren, sondern würde per SMS benachrichtigt und könnte spazierengehen oder etwas einkaufen. Laut Gesundheitsradar würden neun von zehn Patienten diesen Service toll finden.
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