Gemeindebundpräsident Riedl: Vertrauen "in die Politik sinkt"
Die Inseratenaffäre rund um den Wirtschaftsbund in Vorarlberg (der KURIER berichtete ausführlich) war auch Thema im Ö1-Mittagsjournal, wo Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, ÖVP-Politiker, Wirtschaftsbündler und Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Grafenwörth, zu Gast war. Grundsätzlich solle "alles, was rechtlich zu ahnden ist" relativ rasch geahndet werden, erklärte Riedl gefragt nach seiner Meinung in der Causa. Es brauche aber auch eine "raschere Umsetzung" solcher Verfahren. Alles, was länger dauert, sei "für die Politik schädlich". Seine eigenen Wahlkämpfe seien "ganz sicher nicht" vom Wirtschaftsbund finanziert worden, so Riedl auf Nachfrage. "Wir sind transparent genug auf lokaler Ebene." Es gäbe "keinerlei Unterstützung".
Die Frage, ob Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner, ebenfalls ÖVP, Konsequenzen aus der Affäre ziehen muss, wollte Riedl so nicht beantworten. Er verwies auf seinen oben genannten Sager und betonte, dass er nicht irgendjemanden "etwas über die Medien" ausrichte.
Chats: "Das ist nicht die ÖVP"
Nichtsdestotrotz konstatiert er, dass er "sorgenvoll" sei, weil das "Vertrauen in die Politik" sinkt. Gleichzeitig stärke es die lokale Politik, weil man hier transparent sein müsse. In Hinblick auf die aufgetauchten Chats rund um Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid erklärte Riedl: "Das ist ja nicht die ÖVP", sondern die Unverantwortlichkeit einiger Weniger. Die ÖVP sei ja "eine ganz große Bewegung". Es habe jedenfalls auch früher schon geheißen "jedes Schriftl is a Giftl", da kämen jetzt auch die Jungen drauf. Wiewohl es Debatten um Postenbesetzungen "schon immer" bei staatsnahen Betrieben gegeben hatte, auch bei den anderen Fraktionen. "Das ist nicht neu."
Ob die ÖVP einen klareren Schlussstrich unter die Episode unter der Führung von Sebastian Kurz ziehen sollte, wollte Riedl ebenfalls nicht direkt beantworten. Er werde am Bundesparteitag, wo Kurz eine Rede halten wird, teilnehmen. Dass Kurz an die ÖVP-Spitze zurückkehrt, glaube Riedl "in der jetzigen Situation absolut nicht".
Ob die ÖVP in Riedls Heimatbundesland Niederösterreich zu selbstherrlich regiere - angesichts der aktuellen Ermittlungen rund um ÖVP-Parteimedien, die von einem parteinahen Verlag gemacht werden - wollte Riedl ebenfalls nicht direkt beantworten. Er könne nur sagen, dass es "in Zeiten ohne und mit absoluter Mehrheit immer den Konsens über die Fraktionen" hinweg gegeben habe.
"Braucht mehr Geld"
Zum Thema Ausbau der Kinderbetreuung merkte der Gemeindebundpräsident an, dass das Personal fehle. Für die Personalausbildung sei man nicht zuständig. Die Gemeinden hätten aber die Personal- und Sachkostenveranwortung, müssten umsetzen. Man könne aber nur mit dem umsetzen, was den Gemeinden zur Verfügung gestellt werde. Damit spielte Riedl den Ball zurück an die Bundesregierung. Grundsätzlich habe man die Kinderbetreuung "offen, wenn es die Eltern wollen und der Bedarf angemeldet wird". Aktuell wird gerade eine neue Vereinbarung über die Finanzierung verhandelt, die alte läuft aus. In Österreich würden "1,6 bis 1,7 Milliarden Euro" für Kinderbetreuung ausgegeben.
"Wir bremsen nicht, wir sagen nur: Es braucht mehr Geld." Oft werde die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden bei der Betreuung aber nicht angenommen, ebenso wie die kostenpflichtige Nachmittagsbetreuung. Bundeseinheitliche Qualitätskriterien würden Sinn machen, so Riedl. Die Frage sei aber, wie weit das ginge - nicht unbedingt brauche es "für jedes Kind einen Akademiker zur Seite".
Beim Thema Informationsfreiheitsgesetz stehen Gemeinden und Städte wirklich auf der Bremse, wird als "Bürokratiepaket" bezeichnet. Die Gemeinden und Städte seien bereit, alle Gutachten, Entscheidungsgrundlagen etc. in Register zu laden. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf funktioniere das aber nicht. Die Kräfte "mehr Transparenz und mehr Datenschutz" würden auf Bundesebene oft hin und her ziehen. Man wolle aber keine "laufenden Verwaltungsübungen und Abwägungsprüfungen".
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