Was Straches neue Liste für die FPÖ bedeutet
Die FPÖ ist gespalten. Ihr ehemaliger Parteiobmann Heinz Christian Strache gründet eine Namensliste und wird bei der Wien-Wahl gegen die FPÖ antreten. Die "Nepp-Partei" nennt Strache seine ehemalige Gesinnungsgemeinschaft und meint, die Weggefährten seien "nie ehrliche Freunde gewesen".
Was bedeutet diese Spaltung der FPÖ?
These 1: Bei der Wien-Wahl wird Strache der FPÖ empfindlich schaden
Heinz Christian Strache war nicht nur 14 Jahre Bundesparteiobmann. Insbesondere nach Jörg Haiders Tod 2008 stieg Strache zum alleinigen Anführer des rechtspopulistischen Lagers auf, sein Name drückte der FPÖ den Stempel auf. Vor allem in Wien, in seinem Heimatrevier, wo er fünfzehn Jahre Parteiobmann war, hat Strache eine große Zahl an eingefleischten Fans, die sich weder durch seine in dem Ibiza-Video zur Schau gestellte Käuflichkeit noch durch sein Spesenrittertum beeindrucken lassen.
Die Spesenaffäre dürfte Strache wenig anhaben. Denn die FPÖ kann Straches Verschwendungssucht schwerlich gegen ihn einsetzen, fallen die Missstände doch auch auf sie zurück. Strache ist weg und die Affäre bleibt an der FPÖ-Wien und ihren Exponenten, den früheren Strache-Vertrauten, die ihn gewähren ließen, hängen.Prognose: Bei der Wien-Wahl wird Strache der FPÖ empfindlich schaden. Er könnte sie im schlimmsten Fall überholen, ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen FPÖ und Liste Strache ist jedenfalls im Bereich des Möglichen.
These 2: Auf Dauer wird Strache die FPÖ nicht spalten
In den Bundesländern außerhalb von Wien ist Straches Fanklub eher klein. Und je mehr Zeit vergeht, umso mehr wird der Name des Ex-Vizekanzlers auch verblassen. Hinzu kommt, dass Straches Namensliste keine Parteistrukturen hat.
Als das BZÖ gegründet wurde, war es Teil der Bundesregierung und Beinahe-Alleinherrscher in Kärnten und hat unverschämt die Strukturen in Ministerien und Landesregierung genutzt, um sich einen Apparat aufzubauen: Personal, Werbeaufträge, "amtliche" Mitteilungen in Parteifarbe etc. Das hat Strache nicht zur Verfügung. Er wird nach der Wien-Wahl im Gemeinderat sitzen. basta. Was er haben wird, ist die großzügige Wiener Parteienförderung.
These 3: Strache füllt keine Marktlücke im Parteienspektrum
Jörg Haider hat 2005 das BZÖ inhaltlich von der FPÖ so weit abgegrenzt, dass er eine eigene politische Position besetzte. Er ließ die alten Nazis bei der FPÖ und versuchte sich als neuartiges Parteien-Start-up. Im Nationalratswahlkampf 2008 überboten sich die politischen Kommentatoren mit "Haider hat sich neu erfunden"-Analysen.
Strache probiert nun so etwas Ähnliches, er hat in seiner Rede in den Sofiensälen am Donnerstag mehrfach betont, dass er sich von Antisemitismus und Nationalsozialismus strikt abgrenze. Gleichzeitig lebt Strache aber von Ausländerfeindlichkeit. Nur wenn er dieses Thema bespielt, kann er in Wien seine Wahlchancen nutzen. Strache mangelt es jedoch am Facettenreichtum eines Jörg Haider, zwischen Modernismus und dem ewiggestrigen Rassismus hin und her zu tänzeln. Strache wird einfach ein weiterer Rechtspopulist sein, der gemeinsam mit FPÖ, ÖVP und wohl auch so manchem SPÖler in Wien um das gleiche Stimmenspektrum kämpft. Die FPÖ errang bei der letzten Wahl unter Strache in Wien 31 Prozent. Um diese Wähler wird erbittert gekämpft werden.
These 4: Strache hilft der Wiener SPÖ
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig befüchtet vor allem eines: Von einer Allianz aus Türkis, Grün und Neos gestürzt zu werden. Die ÖVP sagt ganz offen, dass sie das anstrebt. Sie will in Wien eine Wende-Stimmung erzeugen. Aber dazu müssen Türkis, Grün und Neos erst einmal eine Mehrheit zusammenbringen. Oder anders gesagt: Rot und Blau müssten gemeinsam weniger Stimmen bekommen als Türkis-Grün-Neos. Dazu müssen die Türkisen, die in Wien derzeit nur neun Prozent haben, kräftig auf Kosten der FPÖ zulegen.
Strache und die FPÖ gemeinsam werden jedoch mehr rechtspopulistische Wähler binden können, als wenn die FPÖ allein mit dem eher unattraktiven Dominik Nepp antreten würde. Insofern hilft Strache mit einem Einzug in den Gemeinderat der SPÖ beim Verhindern einer Türkis-Grün-Neos-Mehrheit.
Würde er aber an der Einzugshürde knapp scheitern, wäre es umgekehrt - dann könnten die verlorenen Strache-Stimmen arithmetisch die Anti-Ludwig-Phalanx beflügeln.
These 5: Kickl muss auf Talentesuche gehen
Das Ausfransen der FPÖ, die Richtungsdiskussionen, die neue Konkurrenz durch den Ex-Obmann werden den langjährigen Chefstrategen der FPÖ, Herbert Kickl, in Marsch versetzen. Als Werbefachmann weiß Kickl genau, dass die FPÖ wieder eine neue Identifikationsfigur braucht. Strache ersetzte Haider, aber wer ersetzt nun Strache? Kickl wird auf Talentesuche gehen müssen. Die FPÖ lebt seit Jahrzehnten von glamourösen Anführern mit frechen Sprüchen. Da ist eine Stelle frei, die nun aus Sicht der FPÖ dringend einer Nachbesetzung harrt.
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