Verkrustetes Schulsystem
Das heimische Schulsystem krankt beispielsweise an zu wenig Leistungsanreizen für Lehrer. Die Lehrergewerkschaft bremst bei Versuchen, den Schulen mehr „Luft zum Atmen“ zu geben. Insgesamt ist das Schulsystem Österreichs hochgradig strukturkonservativ. Hopmann: „Wir unterrichten noch immer wie zu Zeiten von Maria Theresia. Es wird zu wenig differenziert nach Schwächen und Talenten der Schüler.“
Das Top-Ergebnis
Chinas im neuen PISA-Test beeindruckt Hopmann nicht: „Das sind reine Drill-Anstalten, wo es nur ums Auswendiglernen geht. Kritische Fragen, Kreativität – das ist in China nicht gefragt.“ Andere Sieger-Länder wie Estland hätten sehr viel für die PISA-Vorbereitung getan, nur um bei dem Test besser abzuschneiden.
Teure, wertlose Reformen
In Österreich sind viele hundert Millionen Euro in „Bildungsreformen“ geflossen, ohne dass sich die Ergebnisse der Schüler verbessert hätten. Noch immer hat fast ein Viertel aller Schüler massive Leseschwächen. „Weniger als acht Prozent der Schüler können in einem komplexeren Text Meinung und Fakten trennen. Das ist in Zeiten von Social Media und Fake News natürlich alarmierend“, sagt
Salcher.
Die Neuen Mittelschulen (NMS) stehen stellvertretend für die missglückten Bildungsreformen, etwa die generelle Senkung der Klassenschülerhöchstzahl. Salcher sagt: „Das war sinnlos, teuer und gegen jede wissenschaftliche Evidenz.“ Auch Zentralmatura, Pflichtkindergarten und Kompetenzorientierung in Lehrplänen hätten weniger gebracht, als erhofft, sagt Hopmann.
Halbtagsschule greift zu kurz
Viele der bei PISA am besten abschneidenden Länder setzen auf ganztägige Schulformen, sagt Salcher. „Für mich hat Kanada das beste System. Unsere Halbtagsschulen werden die Kluft zwischen den bildungsnahen und bildungsfernen Schichten nicht schließen können.“
Auch Hopmann ist überzeugt: „Wir müssen eindeutig mehr für jene Schüler tun, die außerhalb der Schule und zu Hause zu wenig Unterstützung bekommen. Armut, in ökonomischer, sozialer und kultureller Hinsicht, erklärt 80 Prozent der PISA-Ergebnisse.“
Zu wenig Chancengleichheit
Österreich gehört zu jenen Ländern, in denen Bildungschancen vererbt werden. Das heißt, Kinder von Eltern mit lediglich Pflichtschulabschluss sind rund zwei Lernjahre hinter jenen aus Akademikerhaushalten.
Zu viel Ideologie
Nach wie vor regieren Politik, Parteibuchwirtschaft und Ideologie über die Ratschläge der Experten und Forscher. Diese verlangen etwa, dass sich Direktoren ihre Lehrer aussuchen und sich im Notfall von ihnen trennen können. Fünf Prozent der Pädagogen gelten als völlig ungeeignet.
Doch bei weitem nicht alles hängt von den Lehrern ab. Die Experten fordern insgesamt eine modernere, flexiblere Schule mit mehr Team- und Gruppenarbeiten, mehr Projekt-Unterricht etc. Umgesetzt wird so ein flexibleres System aber seit Jahren nicht.
Salcher sagt: „Deutsche, Engländer, Schweizer verstehen nicht, dass bei uns der Schuldirektor nach Parteibuch ausgesucht wird. Die Linken wollten die Chancengleichheit, die Konservativen Leistungsorientierung. Sie haben sich jahrzehntelang gegenseitig blockiert und herausgekommen ist ein System mit hoher Chancenungleichheit und maximal mittelmäßiger Leistung.“
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