Aus „formalen Gründen“ – ohne inhaltliche Prüfung – zurückgewiesen hat der Verfassungsgerichtshof im Juli ein Antrag von zwölf Kindern und Jugendlichen, die wegen der Klimapolitik der Regierung um ihre Zukunft fürchten (der KURIER berichtete).
Die „Fridays for Future“-Bewegung zeigte sich enttäuscht, will aber nicht aufgeben. Anwältin Michaela Krömer bringt die Klimaklage demnächst erneut ein, wie sie auf KURIER-Anfrage am Freitag bestätigte.
Immerhin gab es vom VfGH zuletzt positive Signale für die Anliegen der Klimaschützer. Der VfGH hat einen anderen Antrag, in dem ein Verbot fossiler Brennstoffe gefordert worden ist, zwar abgewiesen, aber klargestellt, dass den Staat eine Pflicht trifft, Maßnahmen zum Schutz des Privatlebens und des Eigentums zu ergreifen. Und das nicht nur bei unmittelbar drohenden Gefahren, sondern auch hinsichtlich der Zukunft. Der Klimawandel mitsamt Naturkatastrophen und Extremwetter dürfte in diese Kategorie fallen.
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Von diesem „Signal“ haben die Klimaschützer de facto aber nichts: Der VfGH stellte gleichzeitig fest, dass der Gesetzgeber einen „Gestaltungsspielraum“ habe. Der Bürger habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme. „Aber wenn der Staat strukturell unwirksame Maßnahmen oder Maßnahmen trifft, die den gegenwärtigen Status verschlechtern würden, könnte eine Klimaklage in der Sache erfolgreich sein“, erklärt Verfassungsexperte Christoph Bezemek von der Uni Graz.
Der Hintergrund: In Österreich fungiert der VfGH als „negativer Gesetzgeber“. Vereinfacht gesagt heißt das, dass er bestehende Regeln aufheben, von der Politik aber keine von Grund auf neuen einfordern kann.
Mut
Das deutsche Bundesverfassungsgericht funktioniert ähnlich, war zuletzt aber deutlich mutiger: Im Frühjahr 2021 wurde das Klimaschutzgesetz als „unzulänglich“ beurteilt, weil die Fortschreibung der CO2-Reduktionsziele gefehlt hat. Für Aufsehen gesorgt hat die Argumentation, dass die jetzige Generation auf Kosten der nächsten lebt: Während es derzeit kaum Einschränkungen gebe, sei in Zukunft mit weitaus stärkeren Einschränkungen der individuellen Freiheit zu rechnen.
Der österreichische VfGH könnte sich laut Bezemek beispielsweise auf die Klimaziele bzw. auf das Staatsziel Nachhaltigkeit berufen, das in der Verfassung verankert ist.
Dazu müsste ein Antrag aber erst die formalen Hürden nehmen. Nicht erst seit der zurückgewiesenen Klimaklage gibt es Kritik am VfGH, dass er zu restriktiv vorgehe. Bezemek sagt dazu: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich der Verfassungsgerichtshof bei Klimaklagen in Zukunft etwas bewegen muss.“
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