VfGH-Entscheid zu "Klimaklage" - Wissenschafter orten Systemversagen
Nach der Zurückweisung der "Klimaklage" von zwölf Kindern und Jugendlichen durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) orten Wissenschafter ein "Systemversagen" im Klimaschutz. Der VfGH habe sich mit der Entscheidung aus der Verantwortung genommen, auf die Klimakrise zu reagieren, hieß es in einer Aussendung von "Diskurs. Das Wissenschaftsnetz". "Fridays For Future" hielt Montagnachmittag am Wiener Ballhausplatz eine Demonstration ab.
Daniel Huppmann vom International Institute for Applied System Analysis (IIASA), der an Klimamodellen und Klimaszenarien forscht, warnt davor, dass mit der Zurückweisung der Klage aus formalen Gründen die verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechte zu "hohlen Phrasen" degradiert würden. Er betonte auch die Wichtigkeit eines neuen Klimaschutzgesetzes: "Die verschleppten und verzögerten Maßnahmen für Klimaschutz und Anpassung gefährden die Lebensgrundlagen meines Kindes, seiner Freundinnen und Freunde, seiner ganzen Generation", so der Vater eines vierjährigen Sohnes.
"Es gibt in Politik und Gesetzgebung keine Priorität für bzw. keine Einigung auf ein zeitgemäßes Klimaschutzgesetz, und ein Höchstgericht sieht sich für Reparaturen nicht zuständig", kritisierte der Kinderrechtsexperte Helmut Sax vom Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte in Wien. "Jetzt ist das Staatsversagen komplett: Nach der Regierung und dem Parlament schafft es jetzt offenbar auch die Justiz nicht, angemessen auf die Klimakrise zu reagieren", moniert auch Reinhard Steurer vom Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik an der Universität für Bodenkultur Wien.
Der VfGH sage durch die rein formale Zurückweisung jedoch "nicht, die Antragsteller wären von vornherein nicht in ihrer Rechtsposition betroffen und er sagt schon gar nicht, die vorgebrachten Argumente hätten kein Gewicht", erläuterte Christoph Bezemek, Rechtswissenschafter an der Universität Graz. "Sich damit zu beschäftigen, wird einem anderen Verfahren vorbehalten bleiben müssen, sollten die politischen Akteure nicht von sich aus stärkere Akzente setzen."
Bereits Montagfrüh hatten Aktivisten der "Letzten Generation" am Wiener Franz-Josefs-Kai beim Schwedenplatz eine angekündigte neue Protestwelle mit nicht angemeldeten Straßenblockaden gestartet. Gefordert wurden weiterhin Tempo 100 auf Autobahnen zur raschen CO2-Reduktion und ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen.
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