"Frauen haben in der Coronakrise das System am Laufen gehalten"

Raab akzeptiert Geringschätzung der österreichischen Werte nicht
Frauenministerin Susanne Raab sprach mit Expertinnen über Folgen des Lockdowns und bleibende Herausforderungen.

"Gerade für Frauen war die Mehrfachbelastung in der Coronakrise eine große Herausforderung und es waren Frauen, die das System am Laufen gehalten haben", sagt Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab nach dem ersten „Round Table“ über die Lehren nach dem Lockdown und zweieinhalb Monate nachdem sie mit Justizministerin Alma Zadic eine Offensive gegen häusliche Gewalt vorgestellt hat.

"Frauen haben in der Coronakrise das System am Laufen gehalten"

Runder Tisch von Ministerin Susanne Raab

Befürchtungen, wonach die häusliche Gewalt während des Lockdowns exponentiell zunehmen werde, haben sich nicht bewahrheitet. „Wir haben einen leichten Anstieg bei Wegweisungen, im April waren es rund 1000, im Mai um 100 mehr als im Jänner.“  Kann sich die Frauenministerin diese Zahlen erklären?

"Wir beobachten diese relativ niedrigen Zahlen europaweit und gemeinsam mit meinen Amtskollegen und Experten ganz genau, weil es auch sein kann, dass sich viele erst nach den Lockerungen getrauen, sich jemandem anzuvertrauen“, so Raab im KURIER-Gespräch.  Ein Anruf bei der Polizei, eine Anzeige oder Wegweisung bis hin zum Verlassen der eigenen Wohnung und der Zuflucht in ein Frauenhaus – das seien „Entscheidungen von enormer Tragweite, die viele Frauen erst nach langer Zeit fällen.“   

 

Zugenommen hat indes die Nachfrage nach telefonischer und digitaler Unterstützung – so ein Fazit des Expertinnengesprächs mit Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Psychologin Martina Leibovici-Mühlberger, der Notfallpsychologin Barbara Juen und Ulrike Mursch-Edlmayr, der Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, sowie Antonia Keßelring, Leiterin der Telefonseelsorge Wien, und Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht.

"Frauen haben in der Coronakrise das System am Laufen gehalten"

Telefonische Hilfe - sei es speziell für Kinder und Jugendliche („Rat auf Draht“) oder Mädchen und Frauen („Halt der Gewalt“ und „Frauen-Helpline“)- werde weiterhin vermehrt in Anspruch genommen. Das Angebot soll ebenso aufrecht erhalten bleiben wie die medizinische und psychologische Unterstützung via Internet.

"Wir haben in jedem Bundesland eigene Anlaufstellen und Hotlines eingerichtet beziehungsweise vorhandene ausgebaut, die unter www.oesterreich.gv.at zu finden sind.“ Jeder, der seelische Unterstützung braucht, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen will, könne das auf digitalem und telefonischem Wege tun.

Die Angst vor einem Steigen der Infektionszahlen, die Befürchtung nach der Kurzarbeit arbeitslos zu werden und generell in wirtschaftlich schwierigen wie unsicheren Zeiten zu leben, dass „beschäftigt uns alle und ist die bleibende Herausforderung“, sagt Raab, die auch deshalb die kostenlosen Angebote weiter aufrechterhalten will.

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