Wer wird Parteichef? Diese, für die SPÖ so vitale Frage wurde am Linzer Sonderparteitag entschieden. Neben der Kür von Hans Peter Doskozil gibt es für die SPÖ und den neuen Parteichef noch zahlreiche offene Fragen.
Der KURIER bringt die wichtigsten Antworten:
War es klar, dass der Parteitag in Linz ohne Eklat und gesittet abläuft?
Nein, im Gegenteil. Viele Tage vor der Abstimmung bemühten sich mächtige Funktionäre wie der angehende Chef der SPÖ-Gewerkschafter Beppo Muchitsch, dass vor allem die Diskussion der Delegierten in geregelten Bahnen verläuft. So sollte vermieden werden, dass Babler-Fans Doskozil untergriffig attackieren – und umgekehrt. Der Ernst der Lage erschließt sich aus vielen Details. Moderatorin Sonja Kato, selbst früher SPÖ-Abgeordnete, sagte in ihrer Anmoderation, dass sie ob der angespannten Lage wohl niemand um ihren Job beneide. Nach der Vermittlung vorab haben beide Anhängergruppen davon abgesehen, provokante Redner aufs Podium zu schicken. So verzichtete etwa einer der scharfzüngigsten Redner überhaupt, Babler-Stratege Niki Kowall, bewusst auf einen Auftritt.
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Wird Doskozil Babler einbinden?
Ja, er will und muss. Der ursprünglich für Dienstag geplante Parteivorstand zur Klärung der Personalfragen könnte Stand Sonntagnachmittag auf Mittwoch verschoben werden. Dem Vernehmen nach will Doskozil vorher persönlich mit Babler sowie mit möglichst vielen Vertretern von SPÖ-Gewerkschaft, Frauenbewegung, etc. sprechen. Die Enttäuschung ist vor allem bei den neuen Mitgliedern spürbar. Rund 9.000 Personen sind der SPÖ im Vorfeld der Mitgliederbefragung beigetreten. Die meisten dürften Babler unterstützt haben. Auf Social Media häuften sich bereits am Samstag Wortmeldungen enttäuschter Babler-Fans. Einige posteten Beweisfotos, dass sie wegen Doskozils Sieg wieder aus der SPÖ ausgetreten seien. Auch die Parteijugend zeigte sich bestürzt und versagte Doskozil nach der Ergebnisverkündung die Standing Ovations.
Welche Rolle kann Doskozil Babler anbieten?
Hier wird es kompliziert: Der Traiskirchner sitzt nicht im Nationalrat, kann also nicht neuer SPÖ-Klubchef werden. Den ebenso vakanten Posten des Bundesgeschäftsführers – Christian Deutsch hat sich zurückgezogen – könnte Babler hingegen übernehmen. Eine tragende Rolle wird jedenfalls Julia Herr einnehmen: Die Parlamentarierin ist Babler-Unterstützerin, hat aber freundschaftliche Bande in das Doskozil-Team, konkret etwa zu Max Lercher, der seinerseits eine Schlüsselrolle einnehmen soll. In zentralen Funktionen wie der Bundesgeschäftsstelle könnte man eine Zweier-Spitze installieren.
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Wer soll die Klubführung übernehmen?
Diese Rolle hatte Pamela Rendi-Wagner inne. Der Name ihres Stellvertreters Philip Kucher fällt immer wieder als möglicher Nachfolger. Grund: Der Kärntner deklarierte sich als einer der ersten Parlamentarier klar für Doskozil. Will Doskozil ein Signal an den linken SPÖ-Flügel und die Frauen senden, käme Julia Herr infrage. Weitere Variante: Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner, die abseits von Babler und Doskozil am Samstag den lautesten Applaus erhielt. Sie stellte sich – im Gegensatz zu Wiens Bürgermeister Michael Ludwig – am Sonntag hinter Doskozils Ansage, möglichst nicht mit der ÖVP koalieren zu wollen.
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Bleibt die Löwelstraße die Zentrale der SPÖ?
Christian Deutsch hat prinzipiell den Auszug aus der sanierungsbedürftigen Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße eingeleitet. Das Objekt gehört der Stadt und beherbergt seit 1945 die Bundes-SPÖ. Eng, verwinkelt, dunkel: Mitarbeitern fällt es bei aller Tradition schwer, den Arbeitsplatz ins Herz zu schließen. Dennoch haben sich Babler und Doskozil klar gegen einen Auszug ausgesprochen. Offen ist, wer die Sanierung des Gebäudes bezahlen soll, denn die SPÖ befindet sich selbst auf Sanierungskurs. Die Partei war 2019 beinahe pleite.
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