FPÖ-Vorläufer VdU: Werben um ehemalige Nazis

FPÖ-Vorläufer VdU: Werben um ehemalige Nazis
Im Verband der Unabhängigen nach Außen noch Abgrenzung von Nationalsozialismus, in der FPÖ offenes Buhlen um "Ehemalige".

Der Verband der Unabhängigen (VdU), aus dem 1956 die FPÖ hervorgegangen ist, war von Anfang an Auffangbecken für ehemalige Nationalsozialisten. "Die Erzählung vom liberalen VdU, der von den Nationalen überrannt und in die FPÖ umgewandelt wurde, lässt sich nicht halten", sagt Historikerin Margit Reiter. Ab Donnerstag sind die "Ehemaligen" Thema einer Tagung an der Uni Wien.

In Österreich blieben viele ehemalige Nationalsozialisten ihrer Gesinnung auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs treu. Bei der Konferenz "Die 'Ehemaligen' - NS-Kontinuitäten, Transformationen, Netzwerke nach 1945" werden am Donnerstag und Freitag Experten darüber diskutieren, wie sich die ehemaligen Träger des NS-Regimes politisch reorganisiert haben und welche Netzwerke ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtert haben.

"Entrechtete" und "Ausgegrenzte"

Mit dem VdU trat 1949 eine politische Partei bei den Wahlen an, in der das Werben um die "Ehemaligen" laut Reiter die eigentliche "Kernagenda" war. Der VdU habe dabei wie später die FPÖ auf "Doublespeak" gesetzt: Er habe sich zwar formal vom Nationalsozialismus abgegrenzt, indem etwa Mitgründer Herbert Kraus als Linie vorgab, dass nur jene Ex-Nazis in der Partei einen Platz hätten, die während des Krieges "anständig" geblieben waren und die sich zu Österreich bekennen. Tatsächlich wollte Kraus, der selbst nicht NSDAP-Mitglied war, vor allem ein wirtschaftsliberales Gegengewicht zu den Großparteien SPÖ und ÖVP schaffen und die "Ehemaligen" für die Demokratie gewinnen.

In der Praxis grenzte man sich zwar strikt von ehemaligen Kriegsverbrechern ab, gleichzeitig wurden die "Ehemaligen" aber pauschal als angeblich "Entrechtete" und "Ausgegrenzte" aktiv als Wähler umworben. Ergebnis dieser Doppelstrategie waren auf Anhieb 11,7 Prozent bei den Wahlen 1949, als erstmals die mittlerweile entnazifizierten früheren Nationalsozialisten wieder an die Urnen durften.

Anton Reinthaller: Gallionsfigur der "Ehemaligen"

Nach einer kurzen klar antifaschistischen Phase hätten auch die beiden Großparteien ab 1946/47 zunehmend argumentiert, dass man die vielen von Entnazifizierungsmaßnahmen betroffenen Österreicher "wieder in die Gesellschaft integrieren" müsse, schildert Reiter. Ab Anfang der 1950er-Jahre traten die "Ehemaligen" dann immer selbstbewusster als politische Akteure auf: Sie forderten politische Rehabilitierung, die Rücknahme von Entnazifizierungsmaßnahmen (Entzug zuvor arisierter Wohnungen, Berufsverbote) und Entschädigungen für entgangene Sozialversicherungs- und Pensionsansprüche.

Nur aus taktischen und strategischen Überlegungen hat die Partei laut Reiter darauf geachtet, was man offen sagen und mit welchen "Ehemaligen" man exponierte Positionen in der Partei besetzen konnte. Spätestens nach dem Staatsvertrag war - in einem veränderten politischen Klima - auch damit Schluss: Erster Obmann der neuen FPÖ war mit dem prominenten NS-Multifunktionär Anton Reinthaller eine Galionsfigur der "Ehemaligen", nach dessen frühem Tod übernahm 1958 das frühere SS-Mitglied Friedrich Peter den Vorsitz; erst später schlug Peter eine liberalere Richtung ein.

FPÖ und VdU: Personell große Überschneidungen

Nicht nur den angeblichen ideologischen Bruch zwischen VdU und FPÖ will Reiter bei der Tagung kritisch hinterfragen - schließlich gab es inhaltlich wie personell große Überschneidungen. Auch die Frage, wie man "belastet" eigentlich definiert, wird bei der Konferenz diskutiert werden. Im Rahmen der Entnazifizierung galten jene als "belastet", die sich schon vor 1938 illegal bei den Nationalsozialisten engagierten oder in höheren Funktionen bzw. in bestimmten Organisationen wie der SS oder der SA aktiv waren. "Bei der Tagung fragen wir eher nach der Gesinnung, die auch unabhängig von der Funktion sein kann." Relevanter sei nämlich die Frage, ob jemand auch nach 1945 noch an seinen nationalsozialistischen Überzeugungen festgehalten hat.

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