Gesamte Opposition spricht Nehammer das Misstrauen aus
Die heutige Sondersitzung des Nationalrats soll offenkundig eine Abrechnung mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) werden. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen haben FPÖ und SPÖ jeweils einen eigenen Misstrauensantrag gegen den Ressortchef eingebracht.
Ob die SPÖ auch dem Antrag der FPÖ zustimmen werde, blieb auf KURIER-Anfrage unklar, die Tendenz geht jedoch in Richtung Zustimmung.
Beiden Anträgen zustimmen werden die Neos, bestätigte ein Sprecher dem KURIER. Was den Innenminister betreffe, sei das Maß voll.
Weiters wird heute die Grüne Koalitionsdisziplin mit Anträgen zum humanitären Bleiberecht geprüft. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried kündigte jedenfalls zwei Entschließungsanträge an, die das Ziel haben, die jüngst abgeschobenen Mädchen aus Georgien und Armenien zurückzuholen sowie das humanitäre Bleiberecht mit Mitsprache der Länder neu aufzustellen. In einer Pressekonferenz Donnerstagvormittag äußerte er die Erwartung, dass die Grünen dem wie ihre Landesorganisation in Wien zustimmen werden. Dazu wird es allerdings nicht kommen.
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Drei pinke Anträge
Ähnliche Anträge kommen auch von den Neos. In zwei Anträgen, über die heute nicht abgestimmt werden wird, geht es um einen Aschiebestopp von Minderjährigen, die sich sechs Jahre rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und um Fragen des humanitären Bleiberechts.
In einem dritten Antrag, der sehr wohl zur Abstimmung stehen wird, fordern die Neos die Prüfung einer möglichen Nicht-Berücksichtigung des Kindeswohls im Fall der Abschiebungen nach Georgien und Armenien. Diverse Juristen haben behauptet, dass es in besagten Fällen sehr wohl rechtliche Möglichkeit gegeben hätte, sie wegen einer möglichen Verletzung des Kindeswohls durch die Abschiebung noch einmal zu überprüfen. Nehammer hatte dies zuvor deutlich dementiert.
Leichtfried: "Unfassbare Szenen"
Die Zustimmung der Grünen hätte ohnehin nicht für eine Annahme der unverbindlichen Entschließungsanträge von SPÖ und Neos gereicht.
Die SPÖ nimmt derweil Nehammer ins Visier: "Österreich braucht keinen Innenminister, der die Gesellschaft spaltet und die Bürger verunsichert sondern einen der für Zusammenhalt in Österreich sorgt", meint Leichtfried, der von "unfassbaren Szenen" bei der Abschiebung der georgischen und armenischen Familien sprach. Mit dieser "spektakulären Aktion" habe Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nur von Verfehlungen in der Corona-Politik ablenken wollen.
Dringliche der FPÖ
Nehammer wiederum habe nicht nur in diesem Fall sondern auch in Sachen Moria versagt. Dazu kämen noch die Verfehlungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, speziell im Vorfeld des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt. Mit Ex-Ressortchef Herbert Kickl liefere sich Nehammer einen fast schon skurrilen Kampf, wer der schlechteste Innenminister der Zweiten Republik sei. Es sei höchst an der Zeit, dass er zurücktrete.
Eigentliches Thema der von der FPÖ beantragten Sondersitzung sind die untersagten Corona-Demonstrationen vom vergangenen Wochenende. Basis ist eine "Dringliche Anfrage" mit 76 Detailfragen, die von den Freiheitlichen an Nehammer eingebracht wird.
Die FPÖ hatte zunächst die auch von Rechtsextremen getragenen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen unterstützt und nach deren Verbot eine eigene Kundgebung angemeldet. Jedoch war auch diese untersagt worden. Als dennoch tausende Personen am Sonntag durch die Wiener Innenstadt marschierten, waren auch einige Abgeordnete der FPÖ dabei.
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