Was Strache zu seinem Text-Klau sagt

Heinz-Christian Strache, FPÖ.
FPÖ-Chef kopierte für Facebook-Posting an Erdogan-Anhänger Teile eines fremden Textes, und sagt, dass er "fast keinen Satz 1:1 übernommen" habe. Doch das stimmt nicht ganz.

Was er gemacht habe, sei "völlig legitim", antwortet FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf den Vorwurf, er habe für seinen offenen Brief auf Facebook von einer deutschen Autorin abgekupfert. "Ich habe mich von ihrem Text inspirieren lassen und ihn adaptiert", erklärt er am Dienstag vor Journalisten. Die "holprigen Stellen" habe er "geglättet", auf Österreich umgemünzt und so die 3500 Zeichen auf 5000 getrimmt. Dass von seinem Posting trotzdem mehr als die Hälfte kopiert ist, erwähnt Strache nicht.

"Und jetzt hab ich eh dazugeschrieben, von wem der Text ist. Die Autorenschaft war vorerst nicht klar", rechtfertigt sich Strache.

Doch der ursprüngliche Text von Gabriele Brinkmann, die unter anderem unter dem Pseudonym Paula Bengtzon schreibt, ist an Erdogan-Anhänger in Deutschland gerichtet. Mit zynischem Humor wird ihnen die Heimreise empfohlen, wenn sie mit Demokratie und Freiheit nichts anfangen könnten. Der Text hätte ihm "aus der Seele gesprochen", sagt Strache und fügt mit spöttischem Unterton hinzu: "Ich bedanke mich bei der Autorin für die Anregung."

Geistiges Eigentum

Von Unrechtsbewusstsein keine Spur beim FPÖ-Obmann. Fakt ist: Bei fremden Texte abzukupfern, ohne die Quelle korrekt zu zitieren, ist Diebstahl geistigen Eigentums. Auch bei unbekannter Autorenschaft ist das anzumerken.

Strache verwies darauf, dass er "fast keinen Satz 1:1 übernommen" habe. Freilich hat der FPÖ-Chef nicht alles direkt übernommen, einiges hat er ergänzt oder weggelassen. Wesentliche Wörter, die in den Text eingefügt wurden sind " Österreich", "Staatsfeinde", "Terroristen", "Arbeitsplätze" oder "andere Perversionen". Aber von den insgesamt 775 Wörtern wurden 441 abgeschrieben. Demnach mehr als die Hälfte.

Was wurde 1:1 übernommen?
Originalfassung Fassung von Heinz-Christian Strache

Liebe Erdogan-Anhänger in Deutschland,

Liebe Erdogan-Anhänger in Österreich und Deutschland,

nachdem ich nun mit großer Sorge beobachtete, wie unglücklich und unverstanden Sie sich hier bei uns fühlen, bin ich nach eingehenden Überlegungen zu der Überzeugung gelangt, dass es Ihnen nicht weiter zuzumuten ist, bei mir zu bleiben. Das Letzte, was ich will, ist, dass Sie und Ihre Familien leiden müssen.

nachdem ich schon seit Längerem mit Sorge und Mitgefühl beobachte, wie unglücklich und unverstanden Sie sich bei uns fühlen, bin ich nach eingehenden Überlegungen zu der Überzeugung gelangt, dass es Ihnen nicht weiter zuzumuten ist, hier zu bleiben. Das Letzte, was ich will, ist, dass Sie und Ihre Familien leiden müssen.

Sehen Sie doch mal: Sie fühlen sich hier unverstanden und von einer Geisteshaltung und Kultur bedrängt, die Sie nicht gutheißen. Sie dürfen hier ihre Töchter nicht in minderjährigem Alter verheiraten, Sie dürfen Ihrem Wunsch nach Todesstrafe und Presseunfreiheit nicht nachkommen. Sie müssen sogar fürchten, dass Ihre Meinung hier ungehört verhallt, weil sie niemanden interessiert.

Ich verstehe Sie ja: Sie fühlen sich bei uns von einer Geisteshaltung und einer Kultur bedrängt, die Sie nicht gutheißen. Sie dürfen hier ihre Töchter nicht in minderjährigem Alter verheiraten, Sie dürfen Ihrem Wunsch nach Todesstrafe und Presseunfreiheit nicht nachkommen. Sie müssen sogar fürchten, dass Ihre Meinungen hier ungehört verhallen, weil sie niemanden interessieren.

Das allein sind schon echte Schicksalsschläge.

Es droht gar, dass Ihre Kinder in Freiheit aufwachsen und für sich selbst entscheiden müssen, was sie wollen; sogar Ihre Mädchen und Frauen haben ein Recht darauf, gleichberechtigt, gebildet und frei leben zu dürfen. Es wäre doch für Sie ein großes Unglück, wenn sie dieses Recht in Anspruch nähmen. Sie kämen doch gar nicht drumherum, Ihre Lieben wegen Ungehorsam und zur Erhaltung der Familienehre zu töten. Und das wiederum ist hier leider verboten. Und das werde ich auch nicht ändern.

Aber das Schlimmste steht erst bevor. Es besteht die alarmierende Gefahr, dass Ihre Kinder in Freiheit aufwachsen und für sich selbst entscheiden könnten, was sie wollen; sogar Mädchen und Frauen haben ein Recht darauf, gleichberechtigt, gebildet und frei leben zu dürfen. Unter uns: Muss das wirklich sein? Muss man jede Mode mitmachen? Glockenhosen trägt ja auch schon lange keiner mehr.

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Stellen Sie sich vor, was passieren könnte, wenn auch türkische Frauen diese Rechte in Anspruch nehmen würden! Das gibt ganz sicher Scherereien. Egal ob Sie Mutter, Vater, Bruder oder Schwester einer jungen Frau sind, die auf die schiefe Bahn geraten ist: Wenn diese sich von einem Mann entehren lässt, bringt sie unverzeihliche Schande über die ganze Familie, und Vater oder Bruder müssen das, naja, sie wissen schon. Die müssen das wieder ausbügeln. Aber das ist bei uns leider verboten. Und das werden wir auch nicht ändern. Ich weiß zwar, dass es Ihnen ziemlich egal ist, was bei uns erlaubt und was verboten ist, aber die Richter hier sind ziemlich spaßbefreit, und die Intoleranz unserer Gesellschaft geht so weit, dass man in unseren Gefängnissen möglicherweise nicht genug Erdogan-Reden anschauen kann.

Sehen Sie, das alles ist für Sie mit großem Stress behaftet, dem Sie vermutlich auf Dauer nicht standhalten können. Stress macht krank und unglücklich. Daher ist es doch nur hilfreich, dorthin zu gehen, wo Sie all das, was Sie für wünschenswert halten auch leben können.

Ihr Präsident wird Sie sicherlich mit offenen Armen empfangen, denn da er ganz viele böse Menschen bereits eingesperrt hat, und sie logischerweise auch wird hinrichten müssen, sind ganz viele Wohnungen und Arbeitsplätze in der Türkei frei.

Schauen Sie, das alles ist für Sie mit großem Stress behaftet, dem Sie vermutlich auf Dauer nicht standhalten können. Stress macht krank und unglücklich. Wenn Sie zum Beispiel an einem kurdischen Restaurant vorbeigehen und sich an Ihrem Hals plötzlich dicke Kabeln bilden, deuten Sie die Signale Ihres Körpers richtig! Es ist nur logisch, sinnvoll und vom gesundheitlichen Standpunkt aus sogar nötig, dorthin zu gehen, wo Sie all das, was Sie für wünschenswert halten auch leben können. Ihr Präsident wird Sie mit offenen Armen empfangen, denn nachdem er jede Menge Staatsfeinde eingesperrt hat, hat sich die Lage am Wohnungsmarkt entspannt. Auch wirtschaftlich führt Sie Erdogan in goldene Zeiten, denn wer in Zukunft hingerichtet worden ist, isst und trinkt nicht mehr und liegt niemandem auf der Tasche!

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Soll ich fortsetzen? Arbeitsplätze! Jede Menge Arbeitsplätze! Die Posten der eingesperrten "Terroristen" bzw. "Staatsfeinde" in Schulen, Universitäten, Gerichten usw. müssen nachbesetzt werden! In solchen Zeiten könnte auch bei Minderqualifikation des Kandidaten ein Auge zugedrückt werden! Bei uns ist man da viel zu kleinlich. Wenn das nicht die Chance Ihres Lebens ist!

Auch dürfte es für Ihre vielköpfigen Familien keine Unterbringungsprobleme geben, denn da die Deutschen in Ihrem Land keinen Urlaub mehr machen möchten (die anderen Europäer bestimmt auch nicht), gibt es viele große Häuser mit allem Komfort, die nun leer stehen.

Selbst wenn Ihre Familie so groß ist, dass Sie sich so viele Namen gar nicht merken können, wird es keine Unterbringungsprobleme geben, denn da die Österreicher und Deutschen in Ihrem Land keinen Urlaub mehr machen möchten (die anderen Europäer bestimmt auch nicht), gibt es noch dazu jede Menge große Hotels mit allem Komfort, die nun leer stehen.

Ihr Präsident kann alle Unterstützung brauchen, aber was nützen Sie ihm, wenn Sie so weit entfernt von seiner liebenden Hand dahinvegetieren? Ihr Präsident hat Großes vor, und nicht zuletzt möchten Sie doch sicherlich hautnah miterleben, wie die Türkei endlich zu dem wird, was Sie und Ihr Präsident sich sehnlichst wünschen.

Außerdem sind Sie Patriot! Ihr Präsident kann alle Unterstützung brauchen, aber was nützen Sie ihm, wenn Sie so weit entfernt von seiner liebenden Hand dahinvegetieren? Ihr Präsident hat Großes vor, und nicht zuletzt möchten Sie doch sicherlich hautnah miterleben, wie die Türkei endlich zu dem wird, was Sie und Ihr Präsident sich sehnlichst wünschen.

Tun Sie also sich und Ihrem Präsidenten einen Gefallen, und kehren Sie in ihr Land zurück. Das wird für Sie und Ihren Präsidenten der schönste Moment des Lebens sein. Seien Sie da, wo Sie gebraucht werden und wo Ihrem Glück nichts im Wege steht. Besteigen Sie ein Flugzeug und in wenigen Stunden sieht Ihre Welt ganz anders aus. Mich wundert, dass Sie da noch nicht selbst draufgekommen sind. Aber man sieht ja manchmal vor lauter Wald die Bäume nicht mehr, besonders, wenn man gestresst ist. Ich freue mich, wenn Sie endlich wieder glücklich sein können. Und bedenken Sie das schöne deutsche Sprichwort: Jeder Abschied wird ein neuer Anfang sein.

Tun Sie also sich und Ihrem Präsidenten einen Gefallen, und kehren Sie in ihr Land zurück. Das wird für Sie und Ihren Präsidenten der schönste Moment des Lebens sein. Seien Sie da, wo Sie gebraucht werden und wo Ihrem Glück nichts im Wege steht. Besteigen Sie ein Flugzeug, und in wenigen Stunden scheint in Ihrer Welt wieder die Sonne. Mich wundert ja fast, dass Sie da noch nicht selbst draufgekommen sind. Aber man sieht ja manchmal vor lauter Wald die Bäume nicht mehr. Besonders, wenn man gestresst ist.

Ich freue mich, wenn Sie endlich wieder glücklich sein können. Und bedenken Sie das schöne Sprichwort: Jeder Abschied ist ein neuer Anfang.

Mit herzlichen Grüßen Ihr Deutschland

Mit herzlichen Grüßen

ps – vergessen Sie bitte nicht bei der Ausreise Ihren deutschen Pass, der sicherlich wie ein Dokument der Hölle in Ihren Taschen brennt, beim Zoll zurückzugeben. Der deutsche Pass steht für die verdammenswerte Demokratie, für Redefreiheit, Pressefreiheit und die Gleichheit der Geschlechter. Er ist bäh und stinkt nach Köter. Ohne ihn können Sie ohne Befleckungen Ihrem gelobten Land da dienen, wo es am sinnvollsten ist – innerhalb seiner eigenen Grenzen.“

PS. Vergessen Sie bitte nicht bei der Ausreise Ihren österreichischen oder deutschen Pass, der sicherlich wie ein Dokument der Hölle in Ihren Taschen brennt, beim Zoll zurückzugeben. Dieser Pass steht für die Demokratie, Redefreiheit, Pressefreiheit, die Gleichheit der Geschlechter und andere Perversionen. Er ist bäh und stinkt nach Köter. Ohne diesen peinlichen Ausweis können Sie Ihrem gelobten Land da dienen, wo es am sinnvollsten ist – innerhalb seiner eigenen Grenzen.

Zu Straches Facebook-Posting, das seine Fans fast 1600 Mal geteilt hatten, wurde erst am nächsten Tag, also heute, ein entsprechender Hinweis hinzugefügt:

Was Strache zu seinem Text-Klau sagt

Später verfasste er noch ein eigenes Posting, um den "Sturm im Wasserglas" zu beenden:

Was Strache zu seinem Text-Klau sagt

Die Autorin zeigte sich imKURIER-Gesprächüber das Plagiat verärgert, und betonte: "Ich stehe in keiner Verbindung zu diesem Politiker, meine politischen Überzeugungen decken sich in keiner Weise mit den seinen." Sie habe kein Herz für Populisten - schon gar nicht, wenn sie geistiges Eigentum stehlen.

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