Tursky: "Klarnamenpflicht im Internet ist die Zukunft"

Tursky: "Klarnamenpflicht im Internet ist die Zukunft"
Der Digitalisierungsstaatssekretär verteidigt die ÖVP-Pläne zur Klarnamenpflicht und will diese vorerst national umsetzen.

Die ÖVP will – so schnell wie möglich – eine Klarnamenpflicht im Internet umsetzten. Das soll Hass im Netz und Fake-Bewertungen eindämmen. 

Einen entsprechenden Plan hat Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) am Donnerstag gegenüber dem KURIER konkretisiert. Prinzipiell plädiert Tursky für eine EU-weite Regelung. Deshalb schickte er dem zuständigen EU-Kommissar Thierry Breton am Mittwoch einen (digitalen) Brief.

"Konkret geht es uns darum, wie wir jetzt auch kleinere Plattformen in die Pflicht nehmen können", sagt Tursky. Basis dafür soll der Digital Service Act (DSA) der EU sein, der ab 16. Februar gilt. Er schreibt vorerst nur 17 großen Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Usern vor, Hassnachrichten schnell zu löschen. 

Für welche Plattformen soll er zusätzlich gelten? "Nur an einer konkreten Userzahl kann man es nicht festmachen, es braucht weitere Richtwerte. Zum Beispiel, ob es sich um eine Bewertungsplattform handelt oder ein Unternehmen, das in einem gewissen Gebiet eine gewisse Marktmacht hat", sagt Tursky.

Das Problem: Bereits über den aktuellen DSA musste jahrelang verhandelt werden. "Wenn wir hier einen Schritt vorausgehen können, dann werden wir das national machen", meint der Staatssekretär deshalb. Im Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist eine Umsetzung bis 2030 vorgesehen. "So lang möchte ich mir da aber nicht Zeit nehmen", betont Tursky. 

Tursky teilt Kritikpunkte "überhaupt nicht"

In dieser Legislaturperiode wird das wohl nichts mehr. Die Grünen sprechen sich gegen den Vorschlag aus. Sie verweisen auf Südkorea, wo das Höchstgericht eine 2007 eingeführte Klarnamenpflicht wieder kippte. Es gibt derzeit kein Vorzeigebeispiel in einem demokratischen Staat, wo die Klarnamenpflicht funktioniert hätte. Neben datenschutzrechtlichen Bedenken, befürchten Kritiker auch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. 

"Beide Punkte teile ich überhaupt nicht", entgegnet Tursky. Zum Thema Meinungsfreiheit sagt er: "In unserem Modell sind Nicknames ja nicht verboten. Es geht nur darum, dass die Identität für Behörden nachvollziehbar ist, wenn man eine strafrechtlich relevante Äußerung trifft. Das kann der freien Meinungsäußerung nicht widersprechen. Eine freie Meinungsäußerung in der Offline-Welt besteht ja auch nur so weit, dass man sich nicht strafbar macht."

Vorschlag für den Datenschutz

Und der Datenschutz? Es gebe verschiedenste Möglichkeiten, große und kleine Plattformen zu Datenschutz zu verpflichten: "Etwa, dass ich meine Identität der Plattform gegenüber gar nicht preisgebe, sondern einen Identitätstoken, den nur Sicherheitsbehörden auslesen können." Eine vergleichbare Verschlüsselung gibt es bereits beim digitalen Altersnachweis. Der Türsteher vor dem Club sieht nur einen QR-Code, der über das Alter, nicht aber über die Identität der Person Auskunft gibt.

Tursky sieht hier ohnehin nur ein "geringes Problem". Gegenüber Plattformen wie Amazon würden User bereits persönliche Daten, wie Adresse und Kontoinformationen, preisgeben. "Bei vielen Login-Prozessen ist der Klarnamen anzugeben. Das wird nur oft missbräuchlich durch Chatbots oder jemanden verwendet, der bewusst seine Identität verschleiern will. Und das würde ein zusätzlicher, digitaler Identitätsnachweis verhindern."

"Werden nicht alle Staaten schaffen"

Europaweit könnte die Klarnamenpflicht über die EU-Brieftasche für eine digitale Identität umgesetzt werden. Österreich ist hier mit der ID Austria Vorreiter. Eine vergleichbare App für E-Ausweise müssen bis 2026 sämtliche EU-Staaten einführen. "Die müssen grenzüberschreitend funktionieren. Zum Beispiel, um das Alter, die Identität oder den Führerschein nachzuweisen", sagt Tursky, fügt aber hinzu: "Ich glaube nicht, dass das alle Staaten schaffen werden. Auch unsere Nachbarstaaten sind noch lange nicht so weit wie wir."

Europarechtliche Bedenken, die Klarnamenpflicht vorerst nur für Österreich einzuführen, ortet der Staatssekretär nicht. Vielmehr sieht er eine Chance: "Ich bin davon überzeugt, dass eine Klarnamenpflicht zwischen User und Plattform die Zukunft im Internet sein wird. Die technischen Möglichkeiten des Internets bewegen sich dorthin, dass die gleichen Rechte, die offline gelten, auch online gelten müssen."

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