Familienpolitik als Selbstversuch

Nach Elisabeth Köstingers Ankündigung: Wie Politikerinnen anderswo die Doppelrolle bewältigten.

Es war einmal ein Babybauch, der machte ganz von alleine Politik – das aber ziemlich unglücklich. Deutschlands Familienministerin Kristina Schröder galt schon länger als Schwachstelle in der Regierung Angela Merkels. Anfangs politischer Shootingstar, fiel sie bald nur noch durch Fehltritte auf, vor allem gegenüber Feministinnen, die ihr mangelnden Sinn für Gleichberechtigung vorwarfen.

Als die CDU-Politikerin 2011 ihre Schwangerschaft öffentlich machte, hatte sie zwar anfangs die Sympathien der Öffentlichkeit auf ihrer Seite, doch die verflogen rasch. "Wie soll das bitteschön gehen – Mutter sein und gleichzeitig Ministerin und Abgeordnete?", argwöhnte sogar die liberale Zeit und gab damit den Grundton der Debatte vor. Schröder wurde also zur gläsernen Mutter, die Verteilung der elterlichen Pflichten zwischen ihr und ihrem Mann Ole, ebenfalls in der Politik, quasi bis zur letzten Windel durchleuchtet.

Die einen, so schilderte Schröder später ihre frühe Mutterschaft, hätten penibel darauf geachtet, ob sie auch ja ihre Pflichten als Ministerin wahrnehme, die anderen hätten überall die Rabenmutter gewittert. Das ganze mediale Echo habe ihr, so resümierte sie resigniert, "ziemlich geschadet".

Lange überstand Schröder ihr Doppelleben zwischen Spitzenpolitik und öffentlicher Mutterschaft jedenfalls nicht. Sofort nach der nächsten Bundestagswahl legte sie ihr Ministeramt nieder und zog sich auf ihr Abgeordnetenmandat im Bundestag zurück. Inzwischen erwartet das Paar sein drittes Kind und Kristina Schröder, die als Beraterin und Kolumnistin arbeitet, hat viel Zeit für ihre Familie und freut sich in Interviews darüber, "dass ich diesmal nicht nach acht Wochen voll in den Beruf zurück muss".

Parade mit Babybauch

Leicht jedenfalls war es bisher für keine Frau, als Ministerin Mutter zu werden. Die Spanierin Carme Chacon hatte 2008 zumindest die Unterstützung der Feministinnen ihres Landes, vor allem, weil ihr der sozialistische Regierungschef Zapatero auch noch das am wenigsten erwartete Amt zugedacht hatte: Chacon wurde Verteidigungsministerin.

Endlich, so meinte eine der prominentesten Frauenrechtlerinnen, würde auch im Macho-Land Spanien die Rolle der Frauen in ein vernünftiges Licht gerückt: "Das hat eine pädagogische Funktion. Es zeigt, dass Frauen überall eine tragende Rolle übernehmen können und das auch tun." Die Fotos von der hochschwangeren Ministerin, die in lockerer Umstandskleidung ihre erste Truppenparade abnimmt, gingen um die Welt.

Wilde Gerüchte um Vaterschaft

Die vielleicht skandalträchtigste Minister-Mutterschaft lieferte Frankreichs konservative Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy. Justizministerin Rachida Dati, Kind marokkanischer Einwanderer, war die erste Person arabischer Herkunft, die ein Ministeramt übernahm. Doch Datis Amtszeit war von Anfang an von Affären überschattet. Als sie schließlich 2008 öffentlich machte, schwanger zu sein, sorgte das in Frankreich, wo die Vereinbarkeit von Elternschaft und Familie traditionell einen hohen Wert hat, anfangs bestenfalls für wohlwollende Aufmerksamkeit. Das sollte sich rasch ändern – als die 42-Jährige sich weigerte, den Namen des Vaters zu nennen. Ihr Privatleben, meinte sie nur, sei "kompliziert".

Von da an wucherten in der Presse die Spekulationen. Und die reichten von diversen reichen Unternehmern über anonyme Samenspender bis zu Sarkozy selbst. Datis Ministerkarriere überstand diese Aufregung nicht lange. Kurz nach der Geburt ihrer Tochter zog sie sich aus der Regierung zurück. Die Affäre rund um die Vaterschaft ging dagegen noch Jahre weiter: Mit einem gerichtlich angeordneten Vaterschaftstest, einem Millionär, der zu Zahlungen verurteilt wurde, und einer Unzahl an unschönen Geschichten für die Klatschspalten.

Auf ihren Mann verlassen kann sich dagegen Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern, die erst vor ein paar Tagen angekündigt hat, ein Kind zu erwarten. Sie wird nach sechs Wochen Pause ins Regierungsamt zurückkehren. Ihr Mann dagegen, scherzte die Sozialdemokratin strahlend, werde vorerst "erster Fischer im Staat und Papa zu Hause".

Familienpolitik als Selbstversuch
ABD0086_20171201 - WIEN - ÖSTERREICH: Elisabeth Köstinger (l./ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) bei einer PK im Rahmen einer Verhandlungsrunde der Steuerungsgruppe in den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ am Freitag, 1. Dezember 2017, in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Kommentare