Familienfeste untersagt: Ausgangsbeschränkungen regeln Wohnbereich durch die Hintertür
Seit Dienstag, dem 17. November gelten ganztägig Ausgangsbeschränkungen. Am Mittwoch, dem 25. November, hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober den Verordnungstext präzisiert.
Aus diesem Text geht klar hervor, dass Familienfeste unterbunden werden sollen. Rechtsprofessor Heinz Mayer: "Der Gesundheitsminister versucht über Ausgangsbeschränkungen zu regeln, was in Wohnungen zulässig ist und was nicht. Weil das Covid-Gesetz Privatwohnungen vor Eingriffen ausdrücklich ausnimmt, versucht man jetzt auf diesem, sagen wir, nicht geradem Wege zu regeln, was man in Wohnungen nicht haben will."
Und "nicht haben" will man Familienfeiern.
Für die Ausgangsregeln, also das Verlassen der eigenen Wohnung, bedeutet dies im Detail:
Man darf nur enge Familienangehörige besuchen. Als "enge Familienangehörige" sind definiert "Eltern, Geschwister, Kinder".
Strenges Regime bei Familientreffen
Aber auch diese Besuche fallen unter ein strenges Regime. Getrennt lebende Eltern darf man nur allein besuchen, nicht gemeinsam mit dem Ehepartner oder einem erwachsenen Kind. Geht man zu zweit zu den Eltern, muss einer der Eltern den Raum verlassen. Es ist nämlich nur "eine Einzelperson" aus einem fremden Haushalt zugelassen, und auch da nur zu notwendigen Versorgungszwecken. Familienfeiern fallen explizit nicht darunter. Zitat: "Kontakte dürfen nur stattfinden, wenn auf der einen Seite nur Personen aus höchstens einem fremden Haushalt gleichzeitig und auf der anderen Seite nur eine Person beteiligt ist." Das heißt, wenn mehrere erwachsene Kinder zufällig gleichzeitig bei den gemeinsamen Eltern eintreffen, müssen alle bis auf einen Besucher wieder gehen. Mayer: "Es erscheint mir schwierig, das zu exektuieren."
Minderjährige Kinder dürfen mitgenommen werden, sofern das deren Aufsicht dient - durch den Besucher, aber auch, wenn die Großeltern auf die Enkel aufpassen sollen.
Familientreffen "kein Grundbedürfnis"
Weiter heißt es im Text: "Zweck der Norm ist die schlichte Aufrechterhaltung von Kontakt als Grundbedürfnis, nicht aber die Befriedigung eines Bedürfnisses nach familiärer (oder sonstiger) Gesellschaft." Im Klartext: Familientreffen sind demnach "kein Grundbedürfnis", das ein Verlassen der eigenen Wohnung rechtfertigt. Die Polizei kann dafür Strafen verhängen.
Rechtlich schwer zu regeln
Abgesehen von der Exekutierbarkeit dieser Bestimmung ist Mayer nicht sicher, ob das rechtlich hält. Aber der Professor zeigt Verständnis für den Gesundheitsminister: "Ich wüsste auch nicht, wie man das regelt. Auf dem geraden Weg wäre es nur gegangen, wenn man Eingriffe in den privaten Wohnbereich im Covid-Gesetz nicht ausgenommen hätte. Verfassungsmäßig wäre das zulässig gewesen zum Zweck, einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern."
Das Büro von Gesundheitsminister Anschober reagiert auf Mayers Aussagen gegenüber dem KURIER wie folgt:
Anschober zu Mayer: "Eingriffe gesetzes- und verfassungskonform"
"Die Regelung der zulässigen Kontakte stützt sich auf die gesetzliche Ermächtigung für Ausgangsbeschränkungen im COVID-19-Maßnahmengesetz. Diese Bestimmung ermächtigt den Gesundheitsminister, mit Verordnung zu regeln, dass der private Wohnbereich nur für bestimmte Zwecke verlassen werden darf. Das Gesetz zählt dabei Mindestausnahmen auf, zu denen ein Verlassen des privaten Wohnbereichs jedenfalls zulässig ist." eine der Maßnahmen sei die „Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“.
Verbot von Familienfeiern gerechtfertigt
In den Erläuterungen zur entsprechenden Gesetzesstelle werde der Besuch des nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartners und der Kontakt zu „einzelnen engsten Angehörigen bzw einzelnen wichtigen Bezugspersonen“ genannt. Die Verordnung präzisiere diese gesetzliche Vorgabe für die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben. Anschober widerspricht daher Mayer, dass die Bestimmungen rechtswidrig sein könnten: "Es ist vom Willen des Gesetzgebers gedeckt, in der Situation eines drohenden Zusammenbruchs des Gesundheitssystems, zwar familiäre Zusammenkünfte im engen Rahmen, aber – zeitlich eng befristet – keine Familienfeiern zu ermöglichen."
"Dramatische Lage"
Aus Sicht des Gesundheitsministers rechtfertige die derzeit dramatische epidemiologische Lage diesen Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und Familienleben, sodass von Seiten des Gesundheitsministeriums "keine Zweifel an der Gesetzes- und Verfassungskonformität dieser Regel bestehen".
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Freunde treffen fast unmöglich
Treffen mit Freunden sind grundsätzlich kein Grund, auszugehen, außer, man trifft sich mit einer ganz bestimmten Person, mit der man ohnehin "mehrmals wöchentlich physischen Kontakt hat". Also, telefonieren allein reicht nicht, in der aktuellen Version wurde das Wort "physisch" eingefügt. Das heißt, man darf einen getrennt lebenden Partner, eine Freundin oder einen Freund, die oder den man auch vor dem Lockdown mehrmals wöchentlich getroffen hat, weiterhin sehen.
Sollten sich bei dieser "Bezugsperson" auch andere Besucher befinden, dann "haben alle Beteiligten den eigenen privaten Wohnbereich zwar zulässig, alleine und in Erwartung der Beteiligung höchstens eines fremden Haushalts verlassen, sobald aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, liegt kein zulässiges Verweilen außerhalb des eigenen Haushalts mehr vor". Sprich: Man muss heimgehen.
Die weiteren Ausgangsgenehmigungen wie körperliche Betätigung (allein oder mit Personen aus dem gleichen Haushalt), einkaufen, Arzt- oder Apothekenbesuch bleiben bestehen. Bewegen im Freien wird jedoch ausdrücklich nicht als "Grundlage für das Pflegen von Kontakten mit Haushaltsfremden" anerkannt.
Teilnahme an Massentest erlaubt
Neu hinzugekommen ist der Massentest als Grund, die Wohnung zu verlassen. Die Teilnahme an den Testungen wäre bisher kein erlaubter Grund gewesen, weil es bei den Getesteten keine Symptome oder Indikationen gibt.
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