Falschaussage vor U-Ausschuss? Schmid belastet Kurz schwer
Gegen den früheren Kanzler Sebastian Kurz wird in zwei Affären ermittelt: Das eine ist die Causa Beinschab (gefälschte Umfragen zugunsten von Kurz, finanziert mit Finanzministeriumsgeldern). Das andere ist eine vermutete Falschaussage von Sebastian Kurz vor dem Untersuchungsausschuss. Dort herrscht Wahrheitspflicht, und der Ex-Kanzler steht im Verdacht, seine Rolle beim Postenbesetzen in der Staatsholding ÖBAG in einem nicht den Tatsachen entsprechenden Ausmaß heruntergespielt zu haben. Chef in der ÖBAG wurde bekanntlich Thomas Schmid, er stand also im Zentrum des Geschehens. Und er belastet Kurz in seinem Geständnis vor der WKStA schwer.
Bereits am 20. Mai 2017 berichtete Schmid einem (amerikanischen) Freund auf WhatsApp aufgeregt, dass es in Österreich Neuwahlen geben werde, dass sich "big changes" in Österreich abzeichnen und "eine ganze Generation von Politikern vor dem Abgang" stehe. Auf die Frage des Freundes, was mit Schmid geschehen werde, antwortet dieser: "Ich wurde gebeten, die Führung der nationalen Management Holding zu übernehmen."
Vor der WKStA gibt Schmid zu Protokoll, dass sich diese Nachricht "sicher auf Gespräche mit Sebastian Kurz beziehen". Er sei in dieser Zeit "in intensivem Austausch" mit Kurz gewesen, und dabei sei auch "immer wieder die Industrie und Beteiligungen ein Thema gewesen". Außerdem: Warum hätte er einem Freund im Mai 2017 etwas Unrichtiges berichten sollen?, fragt Schmid laut Einvernahmeprotokoll. Kurz sei es wichtig gewesen, Vertraute in der Geschäftsführung und im Aufsichtsrat zu haben, erstens, um "alles unter Kontrolle zu haben" und zweitens, "um Informationen aus erster Hand über die Vorgänge in Beteiligungsunternehmen zu haben".
ÖBAG-Chef Schmid "von Kurz geplant"
Schmid belastet Kurz insofern in einem zentralen Punkt als er zur Protokoll gibt: Die Planung, dass Schmid ÖBAG-Chef werden solle, sei "sehr wohl von Sebastian Kurz ausgegangen". Seine, Schmids, Bestellung zum ÖBAG-Vorstand sei vielen Gesprächen mit Kurz z.B. über die Hauptversammlung und die Aufsichtsratsbestellung als "gesetzt" zugrunde gelegen.
Die einvernehmenden Staatsanwälte legen Schmid weitere Chatnachrichten vor, die aus der Zeit stammen, als Kurz bereits Kanzler ist. Schmid interpretiert sie so: "Es zeigt sich hier aus meiner Sicht, dass Sebastian Kurz sogar die Vorstandspositionen in den Beteiligungsunternehmen sehr wichtig waren und er dahingehend Einfluss üben wollte."
Seitenlang wird dann über Chats und Sitzungen gesprochen, in denen Berhnhard Bonelli, die rechte Hand von Kurz im Kanzler-Kabinett, ÖBAG-Personalbestellungen mit Schmid und anderen Beteiligten bespricht.
Hat Kurz Einfluss genommen?
Die Staatsanwälte fragen Schmid: "Hatte Sebastian Kurz Wahrnehmungen zur Frage, wie der Aufsichtsrat besetzt wird, war er selbst eingebunden, hat er Aufsichtsräte ausgewählt oder selbst faktische Entscheidungen getroffen?"
Schmid: "Ja, ich habe das sehr ausführlich dargelegt. Von den Vieren auf ÖVP-Ticket nominierten Aufsichtsräten hat er meienr Wahrnehmung nach bis auf Susanne Höllinger alle selbst ausgesucht und die diesbezüglich faktische entscheidung getroffen."
Frage der Staatsanwälte: "Wusste Mag. Bonelli, dass Sebastian Kurz in die Überlegungen, wer in den Aufsichtsrat einziehen könnte, involviert war?
Schmid: "Ja, er hat sich selbst ja im Auftrag von Sebastian Kurz eingebracht und bei mehreren Terminen sogar gemeinsam mit Sebastian Kurz teilgenomen."
"Neuen Stil" vorgetäuscht
Die Frage, welche Motive Kurz und Bonelli hatten, "dem Untersuchungsausschuss die wahren Abläufe vorzuenthalten", antwortet Schmid: "Ganz grundsätzlich war es Sebastian Kurz bei jeder Gelegenheit wichtig, den von ihm proklamierten 'neuen Stil' sichtbar zu machen. Er wollte alles, was in Richtung Postenschacher oder ähnliches geht jedenfalls offiziell von sich fernhalten." Daher sei er, Schmid auch gewarnt worden, dass Koalitions-Sideletter "nie Thema werden" dürften.
Kurz: War nur "informiert"
Sebastian Kurz sagte vor dem U-Ausschuss, dass er irgendwann erfahren habe, dass Thomas Schmid den Posten als ÖBAG-Chef anstrebe, dass er in die Bestellung aber nicht aktiv involviert war. Auch sei die Bestellung des Aufsichtsrats in die Zuständigkeit des damaligen Finanzministers Hartwig Löger gefallen. Für Kurz gilt die Unschuldsvermutung.
Aus den Einvernahmeprotokollen geht im übrigen auch hervor, wie massiv der Einfluss des Kanzleramts auf die Auswahl des Ministerkabinetts im Finanzministerium war. Bonelli entschuldigt sich in einem Chat bei Löger für sein "anmaßendes" Auftreten.
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