Kurz-Prozess: Eisiges Schweigen mit System, was steckt dahinter?

Roland Koch (li.) und Gregor Adamovic (WKStA) bekamen von den Angeklagten keine Antworten.
Kurz, Bonelli und Glatz-Kremsner wollten bei ihrem Prozess nicht mit der WKStA reden, der Richter agierte als Vermittler.

Es war ein skurriles Bild, das sich an den ersten drei Tagen im Falschaussage-Prozess gegen Bettina Glatz-Kremsner, Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli bot: Alle drei gaben sich bei der Befragung durch Richter Michael Radasztics offen und kooperativ, schwiegen aber konsequent, als die WKStA an der Reihe war.

Mehr noch: Die Absage an die Ankläger kam pauschal, noch bevor die erste Frage gestellt worden war.

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Von Beobachtern wurde das als Zeichen der Ablehnung und des Misstrauens gegenüber der Anklagebehörde gedeutet, die ja eigentlich – wie der Richter – zur Objektivität verpflichtet ist.

So will es Lukas Kollmann, Verteidiger von Glatz-Kremsner, nicht verstanden wissen. Er erklärt auf KURIER-Nachfrage, das Schweigen seiner Mandantin (die gleich eine Diversion bekam) sei eine „Kombination aus Verteidigungslinie und Ausübung eines Beschuldigtenrechts“.

Laut Strafprozessordnung darf ein Beschuldigter nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten. „Es steht ihm jederzeit frei, auszusagen oder die Aussage zu verweigern“, heißt es da. Man muss nicht einmal mit dem Richter reden – viele tun das aber als Zeichen des Respekts. Beim Ankläger ist das offenbar weniger relevant.

Nebenbei bemerkt reduziert man so auch das Risiko, sich in Widersprüche zu verstricken oder ein sorgsam ausformuliertes Geständnis zu zerreden.

Kurz-Prozess: Eisiges Schweigen mit System, was steckt dahinter?

Reden wollten alle nur mit Richter Michael Radasztics – er fiel  bisher durch seine ruhige, zügige Führung positiv auf. 

Verschränkte Arme

Kurz begründete sein Schweigen damit, dass er „nicht das beste Verhältnis“ zur WKStA habe. Schon während der Ermittlungen setzte der Ex-ÖVP-Kanzler durch, dass er von einem Richter und nicht von der WKStA einvernommen wird.

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Auch Bonelli war seine Aversion gegen die Behörde anzumerken: Fast eine Stunde lang saß der Ex-Kabinettschef mit verschränkten Armen da und starrte in die andere Richtung, während WKStA-Vertreter Gregor Adamovic unbeirrt Frage um Frage stellte. Eine davon griff Richter Radasztics auf – so bekam Adamovic über Umwege dann doch eine Antwort.

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Richterliche Kontrolle

Eine ähnliche Linie fuhren zuletzt auch andere prominente Angeklagte, darunter Ex-ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin und Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Johann Pauer, Straches damaliger Verteidiger, erklärt: „Ich rate meinen Mandanten, auf Fragen der Ermittlungsbehörden nur dann zu antworten, wenn das Gericht die Fragen für relevant erachtet.“ Das sei nicht nur ihr Recht, sondern diene auch der Beschleunigung des Verfahrens und vermeide unnötige Wiederholungen, so Pauer.

Der Strafverteidiger, der auch beim Chorherr-Prozess engagiert war, unterstreicht die positive Rolle der Gerichte: „Sie schaffen es, selbst derart emotional geführte Verfahren mit Ruhe und Sachlichkeit abzuhandeln.“

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