Experten zum Abkühlen: Wie Sobotka Reform der U-Ausschüsse "anstoßen" will
Die fünf Parlamentsfraktionen werden demnächst Post bekommen.
Absender: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.
Betreff: Einladung zur Diskussion über eine strukturelle Reform von Untersuchungsausschüssen.
Und so soll - trotz aufgeheizten Klimas - eine Reform gelingen.
Sobotka wird den Fraktionen vorschlagen, je einen außerparlamentarischen Experten – Verfassungsrechtler oder andere Spitzenjuristen – und dazu einen Fachreferenten des jeweiligen Klubs zu nominieren. Diese Gruppe von zehn Personen soll, so die Vorstellung des Nationalratspräsidenten, eine Analyse der U-Ausschussarbeit vornehmen: Was läuft gut? Was ist verbesserungswürdig?
Dazu sollen die Verfahrensrichter und Verfahrensanwälte ihre Erfahrungen aus den Untersuchungsausschüssen einbringen.
Emotionsgeladen
Derzeit ist die Stimmung zwischen den Fraktionen verfahren und emotionsgeladen, zumindest unter jenen Abgeordneten, die mit dem U-Ausschuss zu tun haben. Sobotka hofft, dass das Beiziehen von außerparlamentarischen Experten dazu beiträgt, dass man sich zumindest auf eine Analyse einigen kann. Sobotka zum KURIER: "Sobald der aktuelle U-Ausschuss beendet ist, möchte ich den Anstoß zu einer Reformdebatte geben. Ich hoffe, dass wir auf Expertenebene zu einer gemeinsamen Analyse kommen. Das sollte eine gute Gesprächsbasis für die Klubs sein. Aber bei diesem Folgeschritt bin ich als Nationalratspräsident nicht dabei, das ist dann selbstverständlich Sache der Parteien und des Geschäftsordnungsausschusses."
Briefgeheimnis achten
Zwei inhaltliche Punkte will Sobotka behandelt wissen: Der Artikel 8 der Menschrechtskonvention ("Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs") werde derzeit in "eklatanter Weise verletzt". Zudem würden die Auskünfte immer dürftiger, weil sich Personen entschlagen oder "sich manchmal als Schutzbehauptung nicht erinnern".
Wahrheitspflicht steht in den zehn Geboten
Sobotka versichert, er sei nie gegen die Wahrheitspflicht gewesen, sondern habe nur auf die Problematik aufmerksam gemacht, dass sich immer mehr Zeugen auf Rat von Anwälten entschlagen: "Gegen die Wahrheitspflicht bin ich sicher nicht, sie steht ja schon in den zehn Geboten, und ich bin Christdemokrat." In Deutschland würden die U-Ausschüsse sachlicher und effizienter arbeiten als in Österreich, das müsse das Ziel sein. Warum im Ibiza-U-Ausschuss die Wogen besonders hochgehen, erklärt sich Sobotka so: "Er war in Zeiten von Corona die einzige Möglichkeit, sich parteipolitisch zu profilieren. Es gab wenig andere Themen."
U-Ausschuss am Mittwoch: Novomatic-Geschenke
Am Mittwoch befasste sich der U-Ausschuss mit Schenkungen von Novomatic-Gründer Johann Graf. Die WKStA vermutet Abgabenhinterziehung. Ein Finanzbeamter, der die 160 Schenkungen untersucht, sagte dem U-Ausschuss, man sei noch in der Ermittlungsphase.
In den Genuss einer Schenkung war auch eine frühere Mitarbeiterin von Karl Nehammer gekommen. Im U-Ausschuss wurde nun bekannt, dass ein Polizist damals bei der ermittelnden Finanzbehörde angerufen und "dringend die Unterlagen" über die Nehammer-Mitarbeiterin verlangt hatte. Der Polizist hatte keinen Auftrag der Staatsanwaltschaft für diese Anfrage gehabt.
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