Das sei viel zu optimistisch, kontert der Steuerexperte Gottfried Schellmann. Er hat eigene Berechnungen angestellt und schätzt den Ausfall von Steuern und Sozialbeiträgen für 2020 im Gespräch mit dem KURIER auf rund 30 Milliarden Euro.
Wie erklärt sich die enorme Diskrepanz? „Die Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass sich die Konjunktur heuer noch dreht“, erklärt Schellmann. „Nur woher soll diese Erholung kommen?“ Die Kauflaune sei gering. Für Exporte fehle die Nachfrage von außen. Der Gastronomie und dem Tourismus gehen die ausländischen Gäste ab.
Weniger Einkäufe und Handelsumsätze bedeuten für den Staat aber weniger Geld aus der Mehrwertsteuer. Die gesunkenen Einkommen der freiberuflichen Berater, Architekten oder Ärzte schlagen sich in einem Minus bei der veranlagten Einkommenssteuer nieder. Die vielen Arbeitslosen und durch die Kurzarbeit gekürzten Einkommen verursachen ein Loch bei der Lohnsteuer.
Ebenso drastisch wirken sich Pleiten und rote Zahlen der Unternehmen aus; hier bricht die Körperschaftsteuer (quasi Gewinnsteuer) weg. All das spürt der Staat massiv in der Kasse.
Aber warum fällt dieser Einbruch der Staatseinnahmen um so viel stärker aus als das prognostizierte Minus in der Wirtschaftsleistung? Dort erwarten die Forscher für Österreich heuer doch „nur“ ein Minus von bis zu 7 Prozent.
Im Bruttoinlandsprodukt (BIP) wirke sich der große Staatssektor stabilisierend aus, sagt Schellmann. Der trägt aber steuerlich nichts bei, somit sind Rückgänge der Einnahmen gravierender als jene der Konjunktur.
Der Steuerberater hat seine Modellrechnung direkt an den erwarteten Umsätzen und Einnahmen der einzelnen steuerzahlenden Bereiche angesetzt – etwa den großen Handelsbetrieben, für die statt 77 Milliarden Euro heuer nur 60 Milliarden Euro Umsatz prognostiziert sind.
Gesamter Staat
Und er hat nicht nur das Budget des Finanzministers, sondern den Gesamtsektor Staat im Blick. Österreich hatte im Vorjahr 169,5 Milliarden Euro Einnahmen, davon rund 110 Milliarden aus Steuern und 60 Milliarden Euro aus Sozialbeiträgen.
„Davon werden schon rund 20 Prozent wegfallen“, sagt Schellmann. Seine Berechnung zeigt, um wie viel gravierender die Corona-Krise 2020 als das Finanzkrisenjahr 2009 ausfällt.
Damals gingen die Staatseinnahmen nur um 3,5 Milliarden Euro zurück. Der Grund: Die Geschäfte und Betriebe hatten nicht zugesperrt, der Konsum lief unverändert weiter. Bei der Mehrwertsteuer und den Sozialbeiträgen gab es ebenfalls gar keine Ausfälle.
Jetzt erwischt es hingegen fast alle Einnahmequellen. Und es rächt sich, das Österreichs Budget so sehr von Steuern auf Arbeitseinkommen abhängig ist.
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