Ex-Kanzler Schüssel: "Es war richtig, mit Russland das Gespräch zu suchen"

Die Bilder von Wolfgang Schüssel mit Wladimir Putin auf einem Sessellift beim Skifahren am Arlberg gingen damals durch alle Medien. Und auch heute verteidigt Österreichs Ex-Kanzler, dass es vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gute Kontakte zu Russlands Präsidenten gegeben habe.
Beim Salzburger Summit der Industriellenvereinigung verteidigte Schüssel diese Vorgangsweise: "Ich kann mit den moralischen Zuschreibungen nichts anfangen. Natürlich war es damals richtig, mit Putin das Gespräch zu suchen. Natürlich war es richtig, auf billige Energiequellen aus Russland zu setzen", so Schüssel auf die Frage der Moderatorin, ob man wegen des Geldes den Kontakt zum Kreml gesucht habe.
Aber: "Es war falsch, dass wir heimische Energiequellen wie das Fracking-Gas mit einem Tabu belegt haben. Und die Nutzung alternativer Energiequellen hätte man auch früher und schneller angehen können", so Schüssel. Die jetzige Krise lehre uns, "dass wir auf eigenen Beinen stehen lernen müssen". Das gilt für den Handel, für die Energie, aber auch militärisch.

Sportsfreunde Putin und Schüssel 2001
"Habe dazu beigetragen, dass Krieg verurteilt wird"
Dass Schüssel bis zum Kriegsausbruch im Aufsichtsrat des russischen Öl-Konzerns Lukoil gesessen ist, verteidigt er: "Lukoil ist kein staatliches russisches Unternehmen, notierte an der Börse in New York. Und ich bin an dem Tag zurückgetreten, an dem ich dazu beigetragen habe, dass der Aufsichtsrat den russischen Angriffskrieg klar verurteilt hat".
Schüssel glaubt auch, dass es wichtig sein wird, auch in Zukunft mit Russland eine Gesprächsbasis zu finden. "Man wird auch mit Russland in Zukunft reden müssen, das ist das größte Land der Welt, eine Atommacht. Und Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Aber jetzt gilt es, mit aller Kraft die Ukraine zu unterstützen".
Guttenberg: "Sorge um europäische Einigung im Herbst"
Deutschlands ehemaliger Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg sorgt sich, dass der schwierige Herbst auch die bisher gelebte europäische Einigkeit in Gefahr bringen könnte. "Ich höre da schon wieder ein Raunen von Appeasement. Das kann von Budapest ausgehen, auch von einer neuen rechten italienischen Regierung, aber auch aus Berlin - und bei Österreich bin ich mir da auch nicht so sicher", so Guttenberg.

Karl Theodor zu Guttenberg sorgt sich um europäische Solidarität
Guttenberg, der schon vor 15 Jahren vor einer zu großen Annäherung an Russland gewarnt hatte und dafür von seiner eigenen Partei in Deutschland gescholten wurde, gibt auch zu, dass er als Verteidigungsminister am Abbau der eigenen Kraft zur Selbstverteidigung mitgewirkt hat: "Damals meinten ja alle, wir müssen unsere Auslandseinsätze verstärken." Die eigene Verteidigung sei da nicht mehr so wichtig erschienen. Auch er tritt für eine Unterstützung der Ukraine ein: "Die Bilder von Butcha und Mariupol dürfen in unserer Erinnerung nicht grauer werden".
Das große Bild im Auge behalten
Sowohl Schüssel als auch Guttenberg treten dafür ein, die Strategie Europas besser zu planen. Schüssel: "Die Politik erliegt oft der Schnappatmung der Tagesaktualität, seien es Umfragen, bevorstehende Regionalwahlen oder landesweite Wahlen in zwei oder drei Jahren. Wir brauchen aber einen, Plan, wo Österreich und Europa 2030 oder 2035 steht.
Und Guttenberg kann sich einen Seitenhieb auf Parteifreundin und die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel nicht verkneifen: "Die Politik des kurzfristigen Reagierens hatten wir in Deutschland schon die letzten 16 Jahre".
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