Ex-FPÖ-Chef Norbert Hofer: "Ich würde mit Kogler nie eine Koalition bilden"
Der FPÖ-Spitzenkandidat bei der Burgenlandwahl über den Wechsel von Wien nach Eisenstadt, seinen Vorwurf gegen Hans Peter Doskozil und den Umgang mit Parteichef Herbert Kickl.
KURIER:Vom Nationalratspräsidium in die burgenländische Landespolitik. Warum haben Sie diesen Schritt gemacht? Ist es nicht in gewisser Weise ein Rückschritt?
Norbert Hofer: Nein, das ist es nicht. Es ist eine Heimkehr zu meinen Wurzeln, die politisch im Burgenland begonnen haben. Dort habe ich die klassische Ochsentour absolviert. Von der Ortsgruppe über die Bezirkspartei bis hin zum Landesparteisekretär. Dann ging es nach Wien in einer sehr schwierigen Zeit, das war damals nach Knittelfeld (Richtungsstreit und Spaltung in der FPÖ 2002; Anm.). In Wien habe ich alles erlebt, war Abgeordneter, Minister, Dritter Nationalratspräsident, Ratsvorsitzender auf europäischer Ebene. Da habe ich oft Dinge machen müssen, die mich weniger gefreut haben. Jetzt darf ich etwas machen, das mich sehr motiviert und wo ich mich freue, wenn ich Leute treffe, die ich von früher gekannt habe.
Erwartet hat man nach dem Wahlsieg der FPÖ auf Bundesebene eigentlich, dass Sie Nationalratspräsident werden. Hat es da einen Konflikt mit Bundesparteiobmann Herbert Kickl gegeben und sind Sie deshalb ins Burgenland gegangen?
Nein, es hat keinen Konflikt gegeben. Herbert Kickl hat mich schon vor dem Sommer darum gebeten. Wir saßen damals in der ersten Reihe im Plenarsaal, er schaute mich an und sagte: Im Burgenland musst du uns noch helfen. Das war der Beginn gewesen, dass ich über den Wechsel nachgedacht habe.
Sie machen bereits eine Tour durch das Burgenland, Sie sind also schon im Wahlkampf. Gewählt wird am 19. Jänner, und die anderen Parteien rätseln noch, was Ihre Ziele sind. Die FPÖ erreichte bei der Wahl 2020 nur knapp zehn Prozent. Was wollen Sie erreichen?
Ich mache es so wie bei der Bundespräsidentenwahl. Da bin ich auch bei knapp acht Prozent gestartet und habe mit extremem Fleiß am Ende fast 50 Prozent geschafft. Die anderen Parteien beginnen erst ihren Außeneinsatz, ich bin schon seit vier Monaten mit meiner Coming-home-Tour im ganzen Burgenland unterwegs.
Auf welche Stimmung stoßen Sie?
Es gibt gewisse Sätze, die immer wieder fallen. Am öftesten: So kann es nicht weitergehen. Das Land kauft alles, das kann sich finanziell nicht ausgehen. Dazu kommt der Ärger in Richtung Wien. Man ist sehr unzufrieden damit, was derzeit auf der Bundesebene passiert.
Es ist erwartbar, dass die FPÖ bei der Wahl stark zulegen wird. Deshalb gelten Sie schon ein wenig als Königsmacher, wenn die absolute Mehrheit von Hans Peter Doskozil fällt. Entweder für die SPÖ oder für die ÖVP. Zuletzt haben Sie in einem Interview gesagt, dass Sie mit Doskozil persönlich sehr gut können.
Ja, ich kann persönlich mit Hans Peter Doskozil gut. Ich kann auch mit Werner Kogler von den Grünen gut. Aber Sie können sich vorstellen, dass ich mit Werner Kogler niemals eine Koalition bilden würde. Es gibt diese persönliche Ebene mit vielen Politikern, die eine Voraussetzung für eine Zusammenarbeit ist.
Auch mit dem burgenländischen Spitzenkandidaten der ÖVP, Christian Sagartz?
Ich habe auch den Kollegen Sagartz zu einem Gespräch getroffen. Am Ende des Tages geht es dann um Inhalte. Es geht darum, wie wir das Burgenland zukunftsfit gestalten können. Es gibt im Land sehr, sehr viel zu tun. Vertrauen muss da sein, aber es geht eben auch um Inhalte.
Bei Gebhart: Norbert Hofer
Was sagen Sie zu der Aussage, dass nach dem 19. Jänner die stimmenstärkste Partei auch den Landeshauptmann stellen soll?
Das ist nachvollziehbar. Aber es geht nicht nur um Stärke, es geht auch um Gewinne und Verluste. Auf Bundesebene ist es so, dass die ÖVP massive Verluste hatte, nicht die stärkste Partei geblieben ist, trotzdem aber den Kanzler stellen will. Das führt zu Unmut. Im Burgenland haben wir in der Landesverfassung festgeschrieben, dass die stärkste Partei zu Regierungsverhandlungen einlädt. Das sind ganz andere Voraussetzungen.
Soll die stärkste Partei automatisch den Landeshauptmann stellen? Dann geht es nur noch darum, welche Partei mitregiert, wenn die absolute SPÖ-Mehrheit fällt.
Es kann nicht automatisch so sein, weil dann wäre es ein Proporzsystem. Man muss sich auch auf die Inhalte einigen. Und wenn ich mich mit der stärksten Partei nicht darauf einigen kann, dass das Landesbudget in Ordnung zu halten ist und wir in vielen, vielen anderen Bereichen – zum Beispiel in der Pflege – einiges zu erledigen haben, dann wird es schwierig, gemeinsam zu regieren.
Landtagswahl
Im Burgenland wird am 19. Jänner ein neuer Landtag gewählt. Derzeit regiert SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil mit absoluter Mehrheit. Zur Wahl wird der KURIER neben Hofer auch Christian Sagartz (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Studio in Wien interviewen.
Norbert Hofer
Norbert Hofer (53) ist diesmal Spitzenkandidat der FPÖ im Burgenland. Im Bund war er bereits Minister und Dritter Nationalratspräsident. Nach Ibiza führte er die FPÖ. Bei der Bundespräsidentenwahl 2016 kam er in die Stichwahl gegen Alexander Van der Bellen.
Was ist der größte Vorwurf von Ihnen, von der FPÖ in Richtung SPÖ-Landeshauptmann Doskozil?
Man muss richtig haushalten. Man kann nicht im Budget immer mehr Schulden machen und keine Kreditraten zurückzahlen, weil das erst irgendwann getilgt werden muss. Noch dazu wird vieles in den Burgenland-Konzern verschoben, der auch nicht gerade rosig dasteht. Und das Land haftet. Ich werfe der SPÖ nicht vor, dass alles falsch gemacht wird. Das wäre unredlich. Aber die Ideologie, so viel Staat wie möglich, ist immer gescheitert. Das zeigt die Verstaatlichtenpolitik der 1980er-Jahre. Ich bin für den Weg, nur so viel Staat wie nötig.
Was soll Ihrer Meinung nach im Burgenland getan werden?
Ich möchte einfach nach der Wahl zu einem Konvent zusammenkommen, wo wir mit externen Experten, natürlich mit den Landespolitikern, mit Bürgermeistern, mit den Kammern, aber auch mit Experten im Change Management zusammenkommen, um zu überlegen, wie wir zu einer echten Deregulierung kommen. Das muss der Weg sein, damit uns der Staat weniger kostet.
Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig wird, mit Hans Peter Doskozil diesen Weg zu gehen. Er müsste seine Richtung ändern.
Ich kann nur sagen: Wenn man in eine Sackgasse hineinfährt, dann ist die Umkehr der richtige Weg. Ich gehe davon aus, dass es dieses Einsehen geben muss.
Mit dem Burgenland vertreten Sie künftig jene Region, die am meisten mit Ungarn und Ministerpräsident Viktor Orbán zu tun hat. Die FPÖ pflegt gute Beziehungen zu Budapest, die SPÖ warnt, dass Orbán Flüchtlingslager an der burgenländischen Grenze bauen will.
Für eine Handvoll Flüchtlinge wird man in Ungarn wohl keine Flüchtlingslager benötigen.
Ist die Warnung nur Wahlkampf?
Ich würde vorschlagen, die SPÖ soll zum Telefonhörer greifen und in Budapest anrufen, um sich zu erkundigen. Das wäre das Einfachste. Aber grundsätzlich: Das Burgenland streitet mit Ungarn, es streitet sogar mit der eigenen Partei in Wien. Ich behaupte, ich habe zu Bürgermeister Michael Ludwig ein besseres Verhältnis als viele Funktionäre der SPÖ im Burgenland. Ich habe gute Kontakte zu Orbán, ein sehr gutes Verhältnis zu Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ihrem Stellvertreter. Und natürlich zum künftigen Landeshauptmann Mario Kunasek in der Steiermark. Von all diesen Freundschaften wird das Burgenland in Zukunft massiv profitieren. Das ist das Gegenteil von dem, was wir derzeit haben.
Im Netz ist jetzt eine anonyme Plattform aufgetaucht, die Themen aus einem Tagebuch gegen Sie veröffentlicht. Was sagen Sie dazu?
Mir hat jemand, der da reingeklickt hat, gesagt, das macht mich noch sympathischer. Aber schauen Sie: Ich bin Stoiker. Das resultiert aus meiner Lebens- und Leidensgeschichte. Ich habe ein Jahr meines Lebens im Krankenhaus verbracht und oft nicht gewusst, wie es mit mir persönlich weitergeht. Deswegen mache ich mir über Dinge, die ich nicht großartig ändern kann, keine Gedanken. Ich habe aber für mich beschlossen, dass ich mich nicht wohlfühle, wenn ich andere Menschen in einer Schlammschlacht angreife. Deswegen mache ich das auch nicht, ich werde im burgenländischen Wahlkampf niemanden persönlich attackieren.
Sie sind in die Landespolitik gewechselt und werden höchstwahrscheinlich Teil einer Landesregierung sein. Haben Sie damit abgehakt, noch einmal in einem Bundespräsidentschaftswahlkampf für die FPÖ anzutreten?
Jetzt habe ich das Ziel, Bundespräsident zu werden, nicht als Ziel. Die Periode im Burgenland dauert fünf Jahre. Ich kann doch nicht sagen, ich lasse mich zum Landeshauptmann oder zum Stellvertreter wählen und gehe bereits nach drei Jahren wieder auf die Bundesebene. Das würde ich nicht tun.
Das möchte ich auch nicht sagen. Man weiß nie, was die Zukunft bringt.
Sie waren FPÖ-Bundesparteiobmann, Ihnen ist danach Herbert Kickl gefolgt. Seither wird immer gerätselt, wie gut oder schlecht das Verhältnis zwischen Ihnen beiden ist. Wie beschreiben Sie das?
In der Phase des Wechsels an der FPÖ-Spitze war das Verhältnis natürlich angespannt. Aber das ist lange vorbei. Wir haben ein ausgezeichnetes Verhältnis, ich habe im Wahlkampf auch die volle Unterstützung der Bundespartei. Ich bin froh, dass es auch hier gute Brücken gibt, die wir zueinander gebaut haben.
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