EU-Förderungen: Agentur unter Geldwäsche-Verdacht, EU-Mandat ist weg

Die Fassade eines Gebäudes in der Stutterheimstraße 11 in Wien.
Die Ermittlungen in der Causa AEI nehmen Fahrt auf. Zudem könnte eine wichtige Geldquelle für die Agentur, die derzeit im Visier der Justiz ist, versiegen.

„250 internationale Projekte mit 38 Partnern mit einem Fördervolumen von mehr als 220 Millionen Euro.“

Die Leistungsbilanz der „Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung“ (kurz: AEI) kann sich sehen lassen – auf den ersten Blick. Was die AEI mit den Abermillionen an Steuergeld genau gemacht hat, ist derzeit aber Gegenstand von Ermittlungen (der KURIER berichtete). 

Der AEI-Chefin und ihrem Projektpartner im Bundeskriminalamt sowie einer weiteren Person wird Untreue vorgeworfen. Am Mittwoch gab es Hausdurchsuchungen an deren Arbeitsplätzen im Finanz- bzw. Innenministerium und beim Verein selbst. Laut KURIER-Informationen wird zu Geldtransfers zwischen der Vereinschefin und dem Chefinspektor ermittelt. Im Raum steht zudem Geldwäsche über Treuhandgesellschaften im Steuerparadies Malta.

Am Donnerstag der nächste Knalleffekt: Die Agentur wird laut KURIER-Informationen ihre Mandatierung für sogenannte „Twinning-Projekte“ (siehe Infobox unten) verlieren – und damit wohl ihre Haupteinnahmequelle.

Ein Tipp aus Malta

Worum geht’s in der noch ganz frischen Causa? Die AEI führt EU-Projekte zu den Themen Integration, Sicherheit und Schlepperei durch, vorrangig waren das Twinning-Projekte, vergeben von der EU-Kommission.

Über die Jahre waren mehrere Ministerien Mitglied – es gab Kooperationen, Beamte steuerten im Nebenverdienst ihre Expertise zu den Projekten bei. Mitgliedschaft und Kooperationen sind mittlerweile beendet. Grund waren Unstimmigkeiten, die zu den Ermittlungen führten.

Die Agentur florierte während der türkis-blauen Ära, aber bereits unter Herbert Kickl (FPÖ) schöpfte das Innenministerium Verdacht und schaltete 2018 die Interne Revision ein. Aus Insiderkreisen heißt es, die AEI habe sich „mehr als nur unkooperativ verhalten“ und „jegliche Einsichtnahme in Projektunterlagen und Buchhaltung verweigert“.

Der entscheidende Tipp kam im Mai 2021: Die Geldwäsche-Meldestelle von Malta informierte die österreichischen Kollegen über Treuhandgesellschaften, an denen die Familie der AEI-Chefin beteiligt und sie selbst begünstigt sei.

"Kontoverdichtungen"

Bei weiteren Analysen wurden „Kontoverdichtungen“ erhoben – und der „Verdacht der Internen Revision erhärtet“, wie aus deren Bericht hervorgeht. So stiegen die Bilanzsummen der AEI zwischen 2017 und 2019 von 580.000 auf 15,5 Millionen Euro an.

Nun könnte der sprunghafte Anstieg auf gewaschenes Geld zurückzuführen sein, und/oder veruntreutes Geld könnte über maltesischen Konten steuerschonend überwiesen worden sein.

Diese Fragen seien Teil der Ermittlungen, heißt es, ausschließen könne man derzeit nichts. Mysteriös erscheint in diesem Kontext, dass die AEI im April ihre Bilanzen nach unten korrigiert hat. Aus den 15,5 Millionen wurden plötzlich 8,3 Millionen Euro.

Eine KURIER-Anfrage bei der AEI blieb unbeantwortet.

Wurde kontrolliert?

In der Zwischenzeit ließ das Außenministerium die eingangs erwähnte Mandatierung der AEI fürs Twinning überprüfen. Am Donnerstag sagt eine Sprecherin zum KURIER: „Das vorliegende rechtliche Gutachten besagt, dass die Voraussetzungen für die Twinning-Mandatierung nicht mehr erfüllt sind.“

Warum fällt das alles erst jetzt auf? Auf Anfrage bei der EU-Kommission, die die Projekte und die Gelder vergeben hat, heißt es, man könne die laufenden Ermittlungen nicht kommentieren. Die Frage, ob die EU-Kommission ihrer Verpflichtung, die Projekte zu evaluieren, nachgekommen ist, bleibt damit offen. Aktuell laufen bei der AEI noch sieben Projekte mit einem Gesamtvolumen von 10,6 Millionen Euro, 7,5 wurden bereits ausbezahlt.

Die Causa hat der grüne Abgeordnete David Stögmüller Anfang Juli mit einer Anfrageserie ans Tageslicht gebracht – und will sie nun auch im U-Ausschuss beleuchten. „Wir werden hier Stück für Stück aufdecken, denn dieses Konstrukt ist eine komplette Blackbox.“

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

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