EU-Fördergeld: FPÖ-nahe Agentur im Visier von Justiz und Rechnungshof

EU-Fördergeld: FPÖ-nahe Agentur im Visier von Justiz und Rechnungshof
Anzeige nach Eklat mit beteiligten Ministerien, die Einblick in die Finanzen wollten. Grüne wollen die Causa aus der Ära Türkis-Blau im U-Ausschuss beleuchten.

Die „Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung“ (kurz: AEI) – eine GmbH mit gleichnamigem Verein, gegründet 2003 – hat in der Ära Türkis-Blau einen beachtlichen Aufschwung erlebt.

In der Bilanz 2017 wies die GmbH noch Aktiva von 580.000 Euro auf; 2018 waren es neun, 2019 rund 15 und 2020 rund 23 Millionen Euro. Der Mitarbeiterstand wuchs in dieser Zeit von sieben auf 28 Personen an.

In Kooperation mit verschiedenen Ministerien – u.a. Verteidigung, Inneres, Äußeres und Finanz (vormals alle FPÖ-geführt bzw. mit Staatssekretär) – wurden EU-geförderte Projekte zu illegaler Migration und Sicherheit im Ausland durchgeführt. Doch dann kam es zu einem Bruch.

Das Verteidigungsministerium hat beim Rechnungshof um eine Prüfung ersucht – dort hat man die Agentur schon seit Längerem am Radar.

Im Innenministerium sind frühere Projekte mit der AEI in Revision, zudem wurde die Finanzprokuratur eingeschaltet.

Bei der Staatsanwaltschaft Wien wurden 2020 und 2021 zwei Verfahren eingestellt, aktuell wird eine neue Strafanzeige geprüft.

Geheimnis um Finanzen

Auslöser war offenbar ein Eklat im Mai 2021: Die Ministerien, die im Verein vertreten waren, sollen Einblick in die Finanzen verlangt haben. Am Tag vor der Generalversammlung soll es aber plötzlich einen Rundlaufbeschluss gegeben haben. Danach hatte der Bund nur noch eine Stimme und bekam keinen Einblick mehr. Daraufhin soll der Bund ausgetreten sein.

Ob es noch laufende Kooperationen der AEI gibt und wie sich die Aufsichtsrechte des Bundes gestaltet haben, eruiert der grüne Abgeordnete David Stögmüller in einer parlamentarischen Anfrageserie an mehrere Ressorts.

EU-Fördergeld: FPÖ-nahe Agentur im Visier von Justiz und Rechnungshof

Stögmüller (Grüne) will die unter Türkis-Blau aufgeblühte Agentur im U-Ausschuss beleuchten

Üppige Nebenverdienste

Stögmüller erscheint die Causa mehr als suspekt: „Offenbar wurde während Türkis-Blau ein blauer Verein finanziell massiv aufgefettet.“

Im Aufsichtsrat säßen mehrere FPÖ-Funktionäre und schlagende Burschenschafter. Zudem seien mehrere Beamte aus ehemals FPÖ-geführten Ministerien für die AEI tätig – mit üppigem Nebenverdienst. Gemunkelt wird über Stundenhonorare von bis zu 600 Euro.

Laut Anfragebeantwortung des Finanzministeriums haben 50 Personen aus Zentralleitung und nachgeordneten Dienststellen eine Nebenbeschäftigung bei der AEI. So ist eine Abteilungsleiterin der Finanz auch Geschäftsführerin der AEI und Generalsekretärin des Vereins.

Aus dem Innenministerium hatten laut Anfragebeantwortung mit Stand Mai 15 Bedienstete dort eine Nebenbeschäftigung.

Dubios wirken auf Stögmüller zudem die Job-Anzeigen auf der AEI-Website. Offenbar gibt es neben dem Büro in Wien auch welche in Skopje und Zagreb. Laut Website laufen noch einige Projekte. „Es ist unklar, wer in diesen Büros arbeitet und wie sie finanziert werden“, sagt Stögmüller.

Er will die Causa im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss beleuchten. Dazu wird er die Lieferung von Akten beantragen. Die Justiz prüft derzeit, ob eine Aktenlieferung etwaige Ermittlungen stören könnte.

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