Es wird ernst: Klimavolksbegehren fordert neuen "Klimarechnungshof"

A gavel and a block is pictured at the George Glazer Gallery antique store in this illustration picture taken in Manhattan, New York City
Neu zu gründende Institution soll Einhaltung der Klimaziele und des Reduktionspfades überwachen und Warnungen aussprechen.

Im November wird das Anliegen des Klimaschutz-Volksbegehrens, das fast 400.000 Österreicher unterzeichnet haben, im Umweltausschuss des Nationalrates behandelt. Dort wollen die Klimaschützer rund um Initiatorin Katharina Rogenhofer, dass über eine neue Idee verhandelt wird:

Ein Klimarechnungshof soll installiert werden, das wäre ein Novum in Europa.

Dieser soll dauernd die Klimaschutz-Maßnahmen der Bundes- und Länderregierung überwachen, Warnungen aussprechen, wenn Sektoren nicht am CO2-Zielpfad liegen und jährlich ein Gutachten und alle zwei Jahre einen Klimaschutzbericht erstellen.

Gemeinsam mit den Fachjuristen Judith Fitz, Miriam Hofer, Michaela Krömer, Eva Schulev-Steindl und Florian Stangl hat das Klimavolksbegehren konkrete Vorschläge ausgearbeitet, wie Österreich auf einen sinnvollen Klimaschutz-Kurs gebracht werden könnte.  

Derzeit, aber nur mehr bis Ende des Jahres, gilt noch das KSG, das Klimaschutzgesetz. Ein „zahnloses“ und harmloses Gesetz, erklären die Juristen, da zwar Ziele genannt werden, aber keine Sanktionen, wenn diese Ziele nicht eingehalten werden.

Klimaministerin Leonore Gewessler müsse ohnehin bis Ende des Jahres das KSG novellieren. Genau hier wollen die Aktivisten ansetzen: Es brauche eine Verfassungsänderung, da es keinen Schutz vor der Klimakrise bietet, erklärt dazu die Eva Schulev-Steindl, Universitätsprofessorin für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Uni Graz, und eine neue Verankerung eines Klimarechnungshofes.

Klimarechnungshof: Darum geht es

Das Wegener-Center für Klima und Globalen Wandel hat ein Budget von 700 Millionen Tonnen CO2 für Österreich berechnet. 700 Millionen Tonnen Treibhausgase dürfe Österreich noch in diesem Jahrhundert in die Atmosphäre ausstoßen, wenn die Republik die Vorgaben des Klimaschutzabkommens von Paris einhalten will. Das Abkommen, das 194 Staaten unterzeichnet haben, verlangt, dass die Erderwärmung auf weniger als 2°C, möglichst bei 1,5°C, begrenzt werden soll. Sanktionen für die einzelnen Länder gibt es nicht. 

Dem vorgeschlagenen Klimarechnungshof sollen fünf Kernaufgaben zukommen, erläutert der Umweltjurist Florian Stangl:

  • 1. Er prüft und kontrolliert die Einhaltung des Gesamttreibhausgasbudgets, des Reduktionspfads und der jährlichen sektorenspezifischen Emissionshöchstmengen und stellt die Ergebnisse in jährlich zu erstellenden Reduktionspfadgutachten dar.
  • 2. Er bewertet die Effektivität der von Bund und Ländern geplanten bzw. implementierten Maßnahmen laut Maßnahmenprogramm vor dem Hintergrund der von den Gebietskörperschaften zu verantwortenden Treibhausgasemissionen und erteilt auf dieser Basis Empfehlungen in den alle zwei Jahre zu erstellenden Klimaschutzberichten.
  • 3. Er überwacht laufend die Treibhausgasemissionen von Bund, Ländern und Sektoren sowie die jeweilige Emissionsreduktionen und veröffentlicht Klimawarnungen, wenn sich abzeichnet, dass eine Gebietskörperschaft Gefahr läuft, den Reduktionspfad nicht einhalten zu können.
  • 4. Er bewertet die Folgen von Gesetzesvorhaben von Bund und Ländern im Hinblick auf das Treibhausgasbudget und die klimaschutzbezogenen Bemühungen (Klimafolgenabschätzung).
  • 5. Er berät die zuständigen Stellen der Verwaltung und die Gerichte im Hinblick auf klimabezogene Fragen. Insbesondere wirkt der Klimarechnungshof bei der Erstellung des Maßnahmenprogramms, des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) und der Fortschrittsberichte nach der Governance-VO mit und dient den Gerichten als wissenschaftliche Assistenz in klimaschutzbezogenen Verfahren.

Der Klimarechnungshof soll als unabhängiges Organ des Nationalrats eingerichtet werden, das funktional sowohl für den Nationalrat als auch für die Landtage tätig wird. Die MitarbeiterInnen des Klimarechnungshofs sollen keinen Weisungen unterliegen.

Rückenwind kommt von den Umwelt-NGO: „Unsere Verfassung und unsere Gesetze müssen auf allen Ebenen klimafit und naturverträglich ausgerichtet werden. Denn der notwendige Ausstieg aus Öl und Gas wird nur dann gelingen, wenn die Politik auch die dahinter liegenden Strukturen angreift. Dafür braucht es mehr Mut, mehr Konsequenz, mehr Kontrolle“, sagt WWF-Klimasprecherin Lisa Plattner.

Auch GLOBAL 2000 unterstützt die vorgestellten gesetzlichen Lösungsvorschläge: "Das bisherige Klimaschutzgesetz ist zahnlos geblieben und muss dringend erneuert werden. Die größte Schwachstelle ist, dass auch bei einer Zielverfehlung keine automatisch wirksamen Maßnahmen vorgesehen sind. Ähnlich wie im Schweizer CO2-Gesetz sollte auch in Österreich ein CO2-Preissignal eingeführt werden, das immer dann stärker steigt, wenn wir uns von den Zielen entfernen", betont Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Kommentare