Null Tonnen CO2 bis 2040? Grazer Forscher zeigen, was es dafür braucht

OMV-Debakel mit Auswirkungen
Damit die Pariser Klimaziele eingehalten werden können, müssen die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um fast zwei Drittel reduziert werden.
  • Österreichs Top-Klimawissenschaftler legen Plan vor, in welchem Ausmaß die Treibhausgase jährlich reduziert werden müssen, damit die Bundesregierung ihren Plan zur Klimaneutralität bis 2040 einhalten kann.
  • Bis 2030 sollten die Emissionen somit um 64 Prozent sinken (im Vergleich zu 2005) . In Brüssel stehen unmittelbar die Verhandlungen für verschärfte Klimaziele bis 2030 an.
  • Österreich emittierte 2019 rund 80 Millionen Tonnen CO2, 2020 werden es nur zwischen 69,6 und 74,4 Tonnen sein (Schätzung Wegener Center; ca. minus zehn Prozent - plus/minus 3 Prozent).

Damit das Pariser Klimaziel (Erderhitzung bis 2100 auf unter 2°C begrenzen) eingehalten werden kann, hat jedes Land ein so genanntes Klimabudget. Die Idee der Wissenschaft dabei ist, dass die Menschheit nur mehr eine begrenzte Menge an Treibhausgasen (vor allem CO2 aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe wie Erdöl oder Erdgas) ausstoßen darf, damit der Klimaschutz eine Chance hat.

Für Österreich hat dieses Budget eine Größenordnung von 1000 Millionen Tonnen CO2. Das klingt womöglich nach viel, ist es aber nicht: Österreich emittierte 2019 rund 80 Millionen Tonnen CO2, das Budget wäre also in 13 Jahren aufgebraucht.

Tatsächlich stehen ab 2021 Österreich nur mehr rund 700 Millionen Tonnen CO2-Budget zur Verfügung, denn von 2017 bis 2020 haben wir bereits 314 Millionen Tonnen ausgestoßen. Die Professoren Gottfried Kirchengast und Karl Steininger vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Uni Graz haben nun einen exakten Pfad erstellt, damit Österreich seinen Anteil am weltweiten Klimaschutz einhalten kann.

Das übergeordnete Ziel hat die Bundesregierung im Koalitionspakt definiert: Bis 2040 soll Österreich bilanziell null CO2-Emissionen haben. Das heißt, zwischen 90 und 95 Prozent der aktuellen Treibhausgase müssen verhindert werden, der Rest kann durch die aktive Kohlenstoffspeicherung durch Wald- und Bodenbewirtschaftung weiter emittiert werden (das wären einige wenige Millionen Tonnen jährlich).

Die Wissenschaftler teilen die Zeit bis dahin in die beiden Jahrzehnte: von 2021 bis 2030 dürfen nur mehr 550 Millionen Tonnen CO2 emittiert werden, die restlichen 150 Millionen Tonnen bleiben für das nächste Jahrzehnt bis 2040 übrig.

Minus 64 Prozent bis 2030

Das heißt: Bis 2030 müssten Österreichs Treibhausgas-Emissionen um rund 64 Prozent (im Vergleich zu den Emissionen von 2005) sinken, konkret um 4,5 Millionen Tonnen jährlich, so die Wissenschaftler. Nimmt man als Basiswert die Emissionen von 1990 (internationaler Standard) wären es minus 57 Prozent.

Dieser Wert ist deshalb so interessant, weil derzeit in Brüssel über eine deutliche Verschärfung der Klimaziele bis 2030 verhandelt wird. Die EU-Kommission schlägt ein Minus von 55 Prozent vor, das EU-Parlament hat am Mittwoch eine Reduktion von minus 60 Prozent gefordert. Im EU-Parlament stimmten SPÖ-, Grünen- und Neos-Mandatare für das Ziel, die Mandatare der ÖVP und der FPÖ dagegen.

Letztendlich entscheiden werden die Klimaschutzziele bis 2030 aber die Staats- und Regierungschefs der EU bei einem der kommenden EU-Gipfel. Die türkis-grüne Bundesregierung hat bisher kein konkretes Reduktionsziel genannt, sondern nur wiederholt erklärt, beim Klimaschutz künftig zu den Vorreitern zählen zu wollen.

Null Tonnen CO2 bis 2040? Grazer Forscher zeigen, was es dafür braucht

Die Berechnung des Klimabudgets von Österreich hat allerdings einen Haken: Es wurde so berechnet, dass jeder Mensch auf der Erde gleich viele Emissionen haben darf. Das ist aber eigentlich nicht im Sinn der „Klimagerechtigkeit“, da das hochentwickelte und hochindustrialisierte Österreich wesentlich mehr als seinen fairen Anteil bereits in die Atmosphäre ausgestoßen hat. Die Fachliteratur nennt das die „historischen Emissionen“.

„Im Sinn der Klimagerechtigkeit“, erklären die Forscher, müssten die Ausgleichsfinanzierungen gemeinsam mit anderen Industrieländern an wirtschaftlich schwächere Länder („Green Climate Funds“) deshalb deutlich erhöht werden, „um die zusätzliche Verantwortung für frühere Emissionen vor 2017 im Sinn eines fairen Ausgleichs zu übernehmen“. Das Treibhausgasbudget für Österreich ab 2021 wäre ansonsten noch einige hundert Millionen Tonnen kleiner und eine Zielerreichung somit unrealistisch.

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