Da musste sogar SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler ein wenig zurückrudern, als seine Vertraute Julia Herr auf X (ehemals Twitter) gegen die „Liebesreise “ von Mark Mateschitz und Victoria Swarovski ausrückte, um so politisch für eine Millionärssteuer zu werben. Das ging den meisten doch zu weit.
Was bleibt, ist, dass sich die SPÖ die „Reichen“ als ihr Feindbild ausgewählt hat. Sie sollen dafür aufkommen, dass der Rest weniger Steuern zahlen muss. Sie wären die bevorzugte Klientel der ÖVP. Oder wie es die linke Vordenkerin von Babler, Natascha Strobl, ebenfalls in den sozialen Netzwerken formulierte: „Reiche Menschen sind keine zu schützende Minderheit.“
Auf der gegenüber liegenden Seite des politischen Spektrums hat die FPÖ diese Erzählung von „Wir da unten, die da oben“ schon sehr lange zu ihrem politischen Programm gemacht. Wobei laut FPÖ die da oben auch all jene sind, die dem Rest der Bevölkerung Vorschriften machen wollen. Dazu rechnet die Partei all jene, die für Genderregeln, Klimavorschriften, etc. verantwortlich sind. Generalsekretär Michael Schnedlitz bezeichnete vor wenigen Tagen diese Gruppe als die „selbst ernannten Eliten“.
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Dieses Abgrenzen „unserer Leute“, wie es Babler formulierte, ist zuletzt intensiver geworden. Auch die ÖVP konnte sich dem nicht verschließen. Abgesehen von den Klimaklebern, die seit Monaten bekämpft werden, hat man versucht, sich mit den Begriffen „normal Denkende“ und „die stille Mehrheit“ gegenüber Blau und Rot abzugrenzen. Teilweise taucht auch die Bezeichnung „die breite Mehrheit“ auf. Als Gegnerschaft gilt das Extreme, gilt der politische Rand.
Die Freiheitserzählung
„Feindbilder“ sind natürlich ständiger Begleiter der politischen Diskussion. Manchmal stärker, manchmal weniger stark ausgeprägt. Derzeit ist es wieder politischer Zeitgeist, sich über solche „Feindbilder“ zu definieren. Das werde derzeit extrem betrieben, findet etwa auch Politikanalyst Thomas Hofer.
Waren es bei den vergangenen Wahlen meist die Asylwerber, die für solche politischen Erzählungen herhalten mussten, so ist es derzeit wieder mehr der Klassenkampf – auch wenn niemand dieses Wort in den Mund nehmen will. Aber die ökonomische Notlage von vielen Menschen macht es leicht, Botschaften von „denen da oben“ anzubringen. Und gleichzeitig zu vermitteln, dass für einen selbst zu wenig getan werden. Obwohl zuletzt fast alle finanziellen Unterstützungen durch den Staat in erster Linie auf die sozial Schwächeren ausgerichtet waren.
Es ist auch noch die große „Freiheitserzählung“, wie es Thomas Hofer formuliert. Die wird vor allem von der FPÖ in Anspruch genommen, wenn es gegen Vorschriften, gegen das Gendern, gegen Wokeness, gegen Bevormundung geht. Da hat speziell die Corona-Zeit eine große Rolle gespielt, als speziell von den Freiheitlichen alle Maßnahmen als Beschränkung der individuellen Freiheit angeprangert worden sind. Auch wenn sie von der Mehrheit als notwendig angesehen wurden, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
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Für den Politologen Peter Filzmaier fällt das Spielen mit Feindbildern auch deswegen auf „fruchtbaren Boden“, weil in der Bevölkerung ein hohes Maß an Unzufriedenheit festzustellen ist. Dazu komme das schlechte Politikerimage. Das alles mache es leicht, gegen das „politische System“, gegen die „politische Elite“ zu wettern, auch wenn das in der Politikwissenschaft eigentlich neutrale Begriffe sind. Und gerade Herbert Kickl sei das beste Beispiel für „politische Elite“, weil er sein gesamtes Leben in der Politik verbracht habe. Filzmaier: „Mehr politische Elite geht gar nicht.“ Dennoch sei es gerade er, der gegen diese Elite wettere.
Ein entscheidender Punkt ist für Peter Filzmaier, dass das Taktieren mit politischen Feindbildern durch die sozialen Netzwerke besser funktioniere. „Es wird einfach mehr verbreitet als früher“, sagt der Politologe. Wobei das klarerweise nicht nur ein österreichisches Phänomen ist. Am ausgeprägtesten sei das in Amerika, sagt Hofer.
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