Natürlich war dieser Grundkonsens immer wieder löchrig. Man erinnere sich an den Waldheim-Wahlkampf und die grenzenlose Hysterie bei Schwarz-Blau I. Auch Sebastian Kurz misstraute den Roten tief. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Mittlerweile scheinen Angriffe unter der Gürtellinie aber quasi Normalzustand zu sein. Siehe die Social-Media-Kampagne der SPÖ, die mit „Meuchelfotos“ operiert. Weil es diesmal auch Werner Kogler erwischte, erhob sich wütender Protest aus dem grünen Lager, das bis zu seinem Eintritt in die jetzige Koalition von den (sozialen) Medien eher gehätschelt wurde.
Die in sich selbst tief gespaltene SPÖ hat sogar beschlossen, keinem Gesetz mehr im Parlament zuzustimmen. Das trifft vor allem grüne Vorhaben. Für etliche Klimagesetze braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Selbst das nutzt
den Freiheitlichen: Sie könnten „staatstragend“ die Verfassungsmehrheit sichern. Nicht genug damit, führt die SPÖ einen überzogenen „Armutswahlkampf“. Was würde passieren, wenn eine echte Wirtschaftskrise kommt und keine überdurchschnittlichen Gehalts- und Pensionserhöhungen sowie Teuerungs-, Energie- und Boni aller Art mehr ausgezahlt werden können? Man darf sich zum Beispiel jetzt schon darauf einstellen, dass das Autofahren aufgrund von EU-Klimaregeln ab 2027 zum teuren Elitenprojekt wird. Das Nachgeben gegenüber dem Forderungspopulismus bringt der Regierung jedenfalls nichts: Die „Geschenke“ sind schon am nächsten Tag wieder vergessen. So wurde am Mittwoch sofort nach Verkündung des neuen, 500 Millionen teuren Pakets für sozial schwächere Familien geschimpft: „reicht nicht aus“.
Schwarz-Grün wird es nach der Wahl nicht mehr geben – schlicht, weil es sich, wie Rot-Grün, nicht ausgeht. Rot-Blau ist nur unter Hans Peter Doskozil denkbar. Schwarz-Blau? Herbert Kickl hat den Schwarzen seinen Rauswurf nach Ibiza noch nicht verziehen, und Karl Nehammer misstraut der FPÖ (aber das taten die Landeshauptleute von Salzburg und Niederösterreich auch). Pink läuft wie die deutsche FDP Gefahr, in einer Dreierkoalition zerrieben zu werden. SPÖ und ÖVP müssen irgendwann einmal wieder zusammenfinden. Brücken abzureißen, um eines vermeintlichen taktischen Vorteils willen, ist verantwortungslos – und befördert trotz aller Bedenken den Einzug der Blauen in die nächste Regierung.
Kommentare