Der deutsche Synodale Weg unterscheidet sich in seinem Ursprung sehr von dem weltweiten synodalen Prozess, den Papst Franziskus ausgerufen hat. Sicher hat er teilweise Themen zutage gebracht, die auch in anderen Teilen der Welt dem Volk Gottes ein Anliegen sind. Wo es solche thematischen Überschneidungen gibt, werden diese auch besprochen werden.
Manche sprechen mit Blick auf den Synodalen Weg davon, dass zum zweiten Mal in der Geschichte eine Kirchenspaltung von deutschem Boden ausgehen könnte. Erzbischof Gänswein hat sich in diesem Sinne geäußert, zuletzt auch der Vorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Gądecki …
Es gibt diese warnenden Stimmen auf beiden Seiten, aber eine Spaltung im Sinne eines Schismas will niemand, dem die Kirche als Heimat und Quell des Glaubens am Herzen liegt. Derzeit halte ich es für unwahrscheinlich.
Ist angesichts der enormen Bandbreite an Positionen – zwischen verschiedenen Weltregionen, aber auch innerhalb Europas zwischen West und Ost und nicht zuletzt selbst innerhalb einzelner Bischofskonferenzen (z. B. Deutschland) – überhaupt irgendein konkretes Ergebnis vorstellbar?
Die Synode darf nicht als Parlament verstanden werden, in dem es Mehrheiten von Gewinnern und Minderheiten von Verlierern gibt. Wir müssen andockfähig und ergänzungsbedürftig bleiben. Die Geschichte des Glaubens ist eine Geschichte der Überraschungen – ja, Gott selbst überrascht uns immer wieder, so habe ich es auch selbst oft erlebt. Wenn wir diese Synode hörend, betend, im Glauben und vom Glauben her, unter Beistand des Heiligen Geistes, der uns zugesichert ist, abhalten, dann wird es am Ende keine „Verlierer“ geben. Der Heilige Geist ist oft die dritte, unerwartete Option.
Glauben Sie, dass Papst Franziskus genaue Vorstellungen davon hat, was am Ende des Tages herauskommen soll – oder lässt er einfach viele Luftballone steigen, um zu sehen, was daraus wird?
Nein, ganz und gar nicht. Der Papst hat stets die Bedürfnisse und die Fragen der Menschen von heute im Blick, er überlässt sie nicht dem Zufall. Der Mensch existiert in einem Spannungsbogen zwischen Horizontalem und Vertikalem, zwischen Erfahrungen und Erwartungen sowie seinem Glauben – beidem muss er treu bleiben. Eine synodale Kirche, wie der Papst sie sieht, ist sich dessen bewusst, denn auch sie steht in doppelter Treue zu Gott und den Menschen, sie ist auf Augenhöhe mit allen unterwegs.
Wenn es ein Experiment mit ungewissem Ausgang ist – könnte dann die Spaltung innerhalb der Kirche nachher noch größer sein als zurzeit?
Von einem „Experiment“ im strengen Wortsinn würde ich nicht sprechen. Es geht hingegen darum, die Wirklichkeit von Glauben und Leben betend und im Bewusstsein der Ergänzungsbedürftigkeit zu betrachten. Im Rahmen der Synodalität gilt es, hinzuhören, Maß zu nehmen an den anderen und von Gott her. Wir dürfen nicht mit 100-%-Antworten und vorgefassten Meinungen in das Gespräch gehen. Die Synodalität selbst ist für mich das sicherste Mittel, um Spaltungen zu vermeiden.
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